Schlichtung im Streit um Stuttgart 21 Mappus will sich Geißler beugen
26.11.2010, 09:58 UhrKommende Woche will der Schlichter im Streit um Stuttgart 21, Heiner Geißler, seine Empfehlung abgeben. Und Ministerpräsident Mappus zeigt sich kompromissbereit: Er wolle sich auf jeden Fall dem Schlichterspruch beugen, solange dieser keinen Baustopp fordere. Geißler unterdessen spricht von "Korrekturen" und "Nachbesserungen" bei dem Projekt.

Keine leichte Aufgabe: Heiner Geißler will kommende Woche seinen Schlichterspruch formulieren.
(Foto: dapd)
Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus will sich dem Schlichterspruch von Heiner Geißler zu Stuttgart 21 beugen, solange dieser nicht das Ende des Projekts verlangt. "Über alle Vorschläge unterhalb eines Baustopps oder der Einstellung des Projekts kann man mit mir reden, auch wenn es zusätzlich Geld kostet", sagte der CDU-Politiker dem "Handelsblatt". Der Schlichter Geißler will seine Empfehlung nächsten Dienstag abgeben.
Als Konsequenz aus dem Streit verlangt Mappus ein neues Planungsrecht mit mehr Bürgerbeteiligung. "Politik und Wirtschaft müssen einsehen, dass man künftig Großprojekte anders kommunizieren muss, sonst wird es dazu keine Zustimmung mehr geben - und das kann sich ein Industrieland wie Deutschland nicht leisten", mahnte Mappus.
In der heutigen Schlichtung geht es um die Frage des wirtschaftlichen Nutzens des Tiefbahnhofs und der Neubaustrecke nach Ulm. An diesem Samstag ist dann noch eine Vermittlungsrunde geplant. Der Umbau des Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation und der Anschluss an die Neubautrasse nach Ulm sollen nach derzeitigem Stand 4,1 Milliarden Euro kosten. Die Strecke nach Ulm selbst kalkuliert die Bahn auf 2,9 Milliarden Euro.
Geißler kündigt Nachbesserungen an

"Großprojekte künftig anders kommunizieren": Baden-Württembergs Ministerpräsident Mappus.
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Der CDU-Politiker Heiner Geißler hat im Streit um "Stuttgart 21" Korrekturen bei dem Bahnprojekt angekündigt. Seine für kommende Woche erwartete Stellungnahme zu dem umstrittenen Umbau des Bahnhofs werde möglicherweise Nachbesserungen bei "Stuttgart 21" enthalten, sagte Geißler, der in dem Streit zwischen Befürwortern und Gegnern vermittelt, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Damit seien auch abermalige Mehrkosten nicht ausgeschlossen.
In seinem Schlichterspruch will Geißler der "FAZ" zufolge auch anregen, Immobilienspekulationen vorzubeugen. "Mein Votum wird auch stark davon abhängen, ob die zu bebauenden Grundstücksflächen bis zum Jahr 2020 vor Immobilienspekulation geschützt werden können", sagte Geißler der Zeitung. Durch den Bahnhofsumbau wird in Stuttgart eine Fläche von rund hundert Hektar frei. Vorstellbar sei es, die Flächen verbindlich etwa in eine Stiftung zu überführen. Eine entsprechende Lösung müsse zügig und verbindlich politisch festgeschrieben werden, sagte der Politiker.
"Schlichtung muss Ausnahme bleiben"
Geißler sprach sich zudem dafür aus, die Verfahren der Bürgerbeteiligung bei Großprojekten zu erweitern. "Es sollte zu Beginn der Planung von Großprojekten ein bürgerdemokratisches Verfahren geben, bei dem auch die Diskussion über Alternativen zugelassen sind", sagte er. Eine Schlichtung nach dem Abschluss aller demokratischen und gerichtlichen Verfahren, wie sie jetzt in Stuttgart stattgefunden habe, müsse die Ausnahme bleiben.
Der Tübinger Oberbürgermeister und Grünen-Politiker Boris Palmer gab sich zuversichtlich angesichts einer Lösung in dem Streit. Er traue Geißler "einen Schlichterspruch zu, der tatsächlich die Debatte weiterbringt und einen Weg zeigt, wie der Konflikt gelöst werden kann", sagte Palmer am Freitagmorgen im Bayerischen Rundfunk. Die bisherigen Schlichtungsrunden bezeichnete Palmer als Erfolg. "Erst durch Gespräche ist wieder Frieden in der Stadt eingekehrt."
Quelle: ntv.de, AFP/dpa