Geleakte Aufnahme May plädierte leidenschaftlich für Remain
26.10.2016, 09:53 Uhr
Theresa May hält sehr viel mehr von der EU als sie zugibt.
(Foto: imago/Xinhua)
Theresa May war offenbar eine sehr viel überzeugtere Brexit-Gegnerin, als sie es öffentlich dargestellt hat. In britischen Medien sind Aussagen publik geworden, in der sie eindringlich die Vorteile einer EU-Mitgliedschaft hervorhebt.
Großbritanniens Premierministerin Theresa May hat vor dem Brexit-Votum vor einem Ausstieg ihres Landes aus der Europäischen Union gewarnt. Als Innenministerin sagte sie in einem aufgezeichneten Gespräch mit Investmentbankern von Goldman Sachs, Unternehmen würden sich aus dem Königreich verabschieden, sollten die Bürger für den Brexit stimmen. Der "Guardian" machte die Aufnahme nun öffentlich.
In der Aufnahme äußert sie mehrere weitere Bedenken gegenüber dem Brexit. "Ich denke, die wirtschaftlichen Argumente sind deutlich", sagt sie. Teil eines Handelsraums mit 500 Millionen Einwohnern zu sein, sei bedeutend "für uns". Einer der wichtigsten Gründe für Investments in Großbritannien sei, dass das Land Teil Europas sei. Ansonsten würden viele Unternehmen vermutlich eher eine Präsenz auf dem Festland als in Großbritannien aufbauen. "Ich denke, es gibt wirtschaftlich betrachtet eindeutige Vorteile für uns."
May machte bei Goldman Sachs zudem geltend, dass Großbritannien auch sicherheitspolitisch von der EU-Mitgliedschaft profitiere. Sie verwies dabei auf den europäischen Haftbefehl sowie den Informationsaustausch zwischen Polizeibehörden und Geheimdiensten. "Es gibt auf jeden Fall Dinge, die wir als EU-Mitglieder unternehmen können, die uns meiner Ansicht nach sicherer zu machen", sagte sie.
Im Gespräch mit den Bankern vertrat May die Haltung, Großbritannien müsse nicht nur Teil der EU bleiben, sondern auch eine Führungsrolle anstreben. "Im Laufe der Jahre hat Großbritannien die Sicht eingenommen, die EU sei etwas, das uns angetan wird. Wir haben auf dem Rücksitz Europas Platz genommen. Ich denke, wenn wir die Initiative ergreifen und führen, können wir viel erreichen. Ich denke, wir sollten eine Führungsrolle übernehmen."
"U-Boot-May" verhielt sich ruhig
Bemerkenswert sind Mays Ausführungen, weil die konservative Politikerin vor der Brexit-Entscheidung zwar als Teil der Remain-Seite, jedoch als eher moderate Kämpferin gegen den EU-Austritt in Erscheinung getreten war. Ein Berater von Ex-Premier David Cameron bezeichnete sie in einem Buch über die Brexit-Kampagne als "Submarine May" – als "U-Boot-May". Sie sei nie aufgetaucht, um Camerons Anstrengungen für einen Verbleib in der EU zu unterstützen.
Als Premierministerin setzt May nun den Wählerwillen um. "Das britische Volk hat eine Entscheidung getroffen und es ist richtig und angemessen, diese zu würdigen", sagte sie vor wenigen Tag erneut. Dabei legt sie den Fokus entgegen ihrer Aussagen bei Goldman Sachs auf Anstrengungen, Einwanderung zu reduzieren. Auf dem jüngsten Parteitag der Tories sagte sie, britische Unternehmen brauchten "maximale Freiheiten" auf dem EU-Binnenmarkt, jedoch nicht auf Kosten einer erneuten Aufgabe der Kontrolle über die Einwanderung.
Die Äußerungen Mays fielen auf einer Veranstaltung der Goldman-Sachs-Reihe "Talks@GS". Eingeladen werden erfolgreiche Menschen aus allen Lebensbereichen, um von ihren Erfahrungen zu berichten und Fragen der Banker zu beantworten.
Quelle: ntv.de, jog