Politik

"Neugründung des Kapitalismus" Medwedew geht auf EU zu

Vor dem EU-Russland-Gipfel an diesem Freitag hat der russische Präsident Dmitri Medwedew für eine engere Partnerschaft mit der Europäischen Union "in allen Bereichen" geworben.

Europa sei der größte Abnehmer russischer Energie und Russland ein großer Kunde europäischer Produkte, sagte Medwedew der französischen Zeitung "Le Figaro". "Russland war, ist und bleibt ein integraler Bestandteil Europas. Wir haben das Interesse, so enge Beziehungen wie möglich zu unterhalten."

"Neues Bretton Woods"

In der Finanzkrise teilten die EU und Moskau die gleiche Analyse, sagte Medwedew. "Es gibt keine universelle Lösung. Jede Wirtschaft ist anders." Verstaatlichungen seien für Russland keine Lösung. Er gestand ein: "Es gibt in der Tat eine Kapitalflucht ins Ausland." Moskau werde die entscheidenden Banken stützen und die Ersparnisse der Bürger schützen. Wenn der Staat sich wie in den USA oder Großbritannien an Banken beteilige, dann nur vorübergehend.

Er habe Moskaus Vorschläge für den Weltfinanzgipfel bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und dem britischen Premierminister Gordon Brown übermittelt, sagte Medwedew. "Wir müssen die Grundlagen für ein neues Bretton Woods legen, das neue internationale Kreditinstitutionen, ein neues System der Rechnungslegung und ein neues System der Risikoversicherung umfasst." Die Finanzarchitektur müsse transparent sein. "Wir haben ein Alarmsystem für die Risiken vorgeschlagen, die von allen Ländern in Rechnung gestellt werden müssen."

In Bretton Woods in den USA waren 1944 ein System fester Wechselkurse zum US-Dollar mit Goldbindung sowie die Gründung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) beschlossen worden. Sarkozy fordert ein "neues Bretton Woods" zur "Neugründung des Kapitalismus". Die USA wollen beim Weltfinanzgipfel am Samstag nicht so weit gehen. Strittig ist auch die Frage, welche Rolle der IWF künftig spielen soll und ob er neue Kompetenzen in der Aufsicht über die Banken und Ratingagenturen erhalten soll.

Kritik an Raketenschild

Im Streit um die Aufstellung weiterer Raketen in Mitteleuropa bot Medwedew eine "Nulloption" an. Außerdem plädierte er für ein "umfassendes Sicherheitssystem" für die USA, Europa und Russland. Moskau sei bereit, auf die Stationierung von Raketen in der russischen Exklave Kaliningrad zu verzichten, wenn die USA ihre Stationierungspläne für Polen aufgäben, sagte Medwedew. Der gewählte US-Präsident Barack Obama scheine die Frage zu überdenken.

Medwedew warf Washington vor, die Raketenstationierung "ohne Zustimmung Europas oder der NATO-Partner" beschlossen zu haben. Moskaus Fragen, gegen wen die Raketen gerichtet und wie effizient sie seien, seien nicht befriedigend beantwortet worden. Außerdem habe Washington nicht auf das Moskauer Angebot geantwortet, im Rahmen eines umfassenden Sicherheitssystems die Radarsysteme in Aserbaidschan zu nutzen. Er spielte damit auf die Behauptung der USA an, die Raketen sollten gegen einen Angriff aus dem Iran schützen. "Wir können nicht untätig bleiben, wenn einseitig Raketen und Radarstationen aufgestellt werden", sagte Medwedew.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen