Politik

Kostenexplosion im Bundestag Mega-Parlament kostet 200 Millionen extra

Ursprünglich sind im Bundestag 598 Sitze für die Abgeordneten eingeplant.

Ursprünglich sind im Bundestag 598 Sitze für die Abgeordneten eingeplant.

(Foto: picture alliance / dpa)

Sechs Parteien und mehr als 700 Abgeordnete sitzen im neuen Bundestag. Das kostet: Diäten für die neuen Mandatsträger, Übergangsgeld für die alten, eine Bahncard für alle und zusätzliches Büromaterial verschlingen einen dreistelligen Millionenbetrag.

Der nach der Wahl deutlich vergrößerte Bundestag wird die Steuerzahler in den kommenden vier Jahren einem Bericht zufolge mehr als 200 Millionen Euro kosten. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, belaufen sich allein die Kosten für Diäten und Mitarbeiterpauschalen der zusätzlichen 79 Abgeordneten auf rund 33 Millionen Euro im Jahr.

Dem Bericht zufolge zahlt der Bundestag schon jetzt rund 102 Millionen Euro für Diäten, die bei 9542 Euro pro Monat liegen, und steuerfreie Kostenpauschalen (4318 Euro pro Monat). Durch die 79 weiteren Bundestagsabgeordneten kämen rund 13 Millionen Euro dazu. Weitere 20 Millionen Euro Mehrkosten dürften laut "Bild" durch die zusätzlichen Mitarbeiterpauschalen der neuen Abgeordneten anfallen - das wären bis zu 20.870 Euro im Monat pro Abgeordnetem. Die Kosten dafür belaufen sich bisher auf rund 213 Millionen Euro im Jahr.

Bei der Sachkostenpauschale in Höhe von 12.000 Euro pro Jahr, die Abgeordnete für Büromaterial, Laptop, Tablet und Handy ausgeben dürfen, könnten demnach eine Million Euro Mehrkosten entstehen.

180.000 Euro für alte Abgeordnete

Erhebliche zusätzliche Ausgaben drohen dem Bericht zufolge auch bei der Versorgung von Abgeordneten, die wegen des Wahlergebnisses überraschend aus dem Bundestag ausscheiden. CDU, CSU und SPD verlieren durch den Einzug von AfD und FDP 105 Mandate. Ex-Abgeordnete haben Anspruch auf Übergangsgeld in Höhe der Diäten für bis zu 18 Monate beziehungsweise eine Pension - rund 1000 Euro nach vier Jahren. Bisher kostet die Versorgung der Ex-Abgeordneten die Steuerzahler rund 55 Millionen Euro im Jahr.

Auf 14,9 Millionen Euro belaufen sich ferner die Kosten für Inlands- und Auslandsreisen der Abgeordneten sowie für ihre kostenlose Bahncard der 1. Klasse. Durch die 79 zusätzlichen Abgeordneten steigen diese Kosten nach Berechnungen der "Bild" um rund 1,5 Millionen Euro.

Jeder Abgeordnete kann pro Jahr zwei Besuchergruppen mit je 50 Teilnehmern nach Berlin einladen. Die Kosten dafür belaufen sich bisher auf 7,4 Millionen Euro im Jahr. Mehrkosten: rund 750.000 Euro.

Oder sind es gar 300 Millionen Euro mehr?

Noch teurer sind die Berechnungen des Bundes der Steuerzahler, aus denen die Zeitungen der Funke-Mediengruppe zitieren. Demnach wird der neue Bundestag zusätzliche Kosten von mindestens 75 Millionen Euro pro Jahr verursachen - das wären 300 Millionen Euro zusätzlich über die gesamte Legislaturperiode. Allein 2018 sollen mandatsbezogene Ausgaben von 517 Millionen Euro fällig sein. Bei einer Regelgröße von 598 Abgeordneten - das wären 111 Abgeordnete weniger - würde das Parlament mit 442 Millionen Euro auskommen.

Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, forderte die Fraktionen auf, sofort ein neues Wahlrecht und eine absolute Mandatsobergrenze zu beschließen. "Selbstverständlich gehören die Ausgaben für ein Parlament zu den Betriebskosten einer demokratischen Grundordnung, aber hier reißt der Bundestag das Fenster auf und dreht sprichwörtlich die Heizung hoch", sagte Holznagel den Zeitungen weiter. Mehr Abgeordnete bedeuteten nicht automatisch mehr Demokratie oder bessere Ergebnisse.

Parteien ändern nichts

Verantwortlich für die drohende Aufblähung sind die Überhangmandate. Diese entstehen, wenn eine Partei durch Direktmandate mehr Sitze in den Wahlkreisen gewinnt, als ihr nach den Zweitstimmen eigentlich zustehen. Aus diesem Grund saßen in der bisherigen Legislaturperiode bereits 630 Abgeordnete im Bundestag anstelle von 598, wie es vorgesehen ist.

Den Parteien ist die Problematik schon seit langer Zeit bekannt. Sie können sich allerdings nicht auf eine Reform des Wahlrechts einigen, weil sie fürchten, durch die Neuordnung benachteiligt zu werden.

Quelle: ntv.de, chr/AFP

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