Politik

Hohe Ehren, heikle Themen Merkel besucht Obama

Merkel und Obama im April 2010 in Washington.

Merkel und Obama im April 2010 in Washington.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zeitgleich zum US-Aufenthalt von Bundeskanzlerin Merkel berichtet der Wehrbeauftragte Königshaus über mangelnde Bündnissolidarität der in Afghanistan kämpfenden deutschen Soldaten mit den USA. US-Präsident Obama, der mit Merkel etliche heikle Themen zu bereden hat, wird die Kanzlerin mit der Freiheitsmedaille ehren.

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, hält das Verhältnis der in Afghanistan kämpfenden deutschen Soldaten zur USA für schwer belastet. "Die Bundeswehr stellt die Bündnissolidarität mit ihrem wichtigsten Partner auf eine harte Probe", sagte der FDP-Politiker dem "Handelsblatt". "Während die USA mit vielen Kampfhubschraubern und eigenen MedEvac-Kapazitäten (Rettungsfliegern) in Nord-Afghanistan aktiv sind, hat die Bundeswehr ihre Flugstunden massiv reduziert."

Proviant für die US-Marines in der Provinz Helmand werden an kleinen Fallschirmen aus einem Flugzeug abgeworfen.

Proviant für die US-Marines in der Provinz Helmand werden an kleinen Fallschirmen aus einem Flugzeug abgeworfen.

(Foto: AP)

In den USA gebe es Verstimmung, weil die Bundeswehr ihre wenigen Hubschrauber vor Ort immer weniger einsetze und sich sowohl bei Luftnahunterstützung und Rettungseinsätzen als auch bei simplen Transportflügen zunehmend auf den NATO-Partner verlasse. Laut "Handelsblatt" belegen interne Statistiken des Verteidigungsministeriums, dass die Flugzeiten der Hubschrauber für 2011 aus Kostengründen von 1600 auf 1200 Stunden gekürzt wurden. Das Ministerium wisse seit längerer Zeit um die Verstimmung der USA über das schwindende Engagement der Bundeswehr in Afghanistan. Washington sehe die Reduzierung der Flugstunden "sehr kritisch".

Merkel in den USA

Inzwischen ist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu ihrem bislang wichtigsten Treffen mit US-Präsident Barack Obama in die USA gereist. Obama wartet mit hohen Ehren  auf – das schützt Merkel aber nicht vor unangenehmen Themen: Obama will mit ihr auch über die Differenzen im Militäreinsatz in Libyen reden. Der Einsatz der NATO, an dem sich Deutschland nicht beteiligt, werde ein größeres Thema sein, hieß es in Regierungskreisen in Berlin vor dem Abflug der Kanzlerin.

Obama hatte Deutschland in einem am Wochenende veröffentlichten Zeitungsinterview indirekt zu einem stärkeren Engagement in Libyen aufgefordert. "Ich freue mich auf die Diskussion mit der Kanzlerin, wie wir gemeinsam noch mehr tun können, um effektiver auf die Veränderungen in der Region zu reagieren, inklusive Libyen", sagte er dem "Tagesspiegel".

Kein deutsches militärisches Engagement in Libyen

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bekräftigte die deutsche Absage an ein militärisches Engagement in Libyen. Deutschland sei aber bereit, humanitäre Hilfe zu leisten, in den Wiederaufbau des Landes zu investieren und die politischen Bemühungen um eine Lösung des Konflikts zu unterstützen.

Abschied von einem Kameraden, der in Afghanistan fiel.

Abschied von einem Kameraden, der in Afghanistan fiel.

(Foto: dpa)

Libyen ist nur eines von vielen schwierigen Themen bei dem bis Dienstagabend dauernden Besuch der Kanzlerin. Auch das weitere Vorgehen in Afghanistan wird zur Sprache kommen. Obamas Sicherheitsteam erwägt nach einem Zeitungsbericht einen schnelleren Truppenabzug. Gründe für die Überlegungen seien die immensen Kosten des Militäreinsatzes sowie der Tod von Terroristenführer Osama bin Laden, meldete die "New York Times". Die USA wollen Anfang Juli mit dem Abzug beginnen, Deutschland erst Ende des Jahres.

Merkel wird auf ihrer Reise von Westerwelle, Vizekanzler Philipp Rösler (FDP), Verteidigungsminister Thomas de Maizière und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) sowie Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) begleitet.

Freiheitsmedaille für die Kanzlerin

Zum Abschluss des Besuches verleiht Obama ihr bei einem Staatsbankett die Freiheitsmedaille - die höchste zivile Auszeichnung der USA. Als einziger deutscher Politiker wurde vor Merkel nur Altkanzler Helmut Kohl 1999 damit ausgezeichnet.

Höhepunkt des USA-Besuchs ist am Dienstagabend. Dann überreicht Obama der Kanzlerin bei einem Staatsbankett die Freiheitsmedaille für ihren in der DDR gelebten "Traum von Freiheit" und ihren Weg bis zur Kanzlerschaft als erste Ostdeutsche und erste Frau in der Bundesrepublik. Die "Medal of Freedom" ist die höchste zivile Auszeichnung der USA. Als einziger deutscher Politiker wurde vor Merkel nur Altkanzler Helmut Kohl 1999 damit ausgezeichnet.

Das Verhältnis von Obama und Merkel gilt als nicht so locker wie Merkels Beziehung zu Obamas Vorgänger, George W. Bush. Beide Seiten versichern offiziell aber ihre hohe Wertschätzung.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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