Politik

Wirtschaft soll investieren Merkel empfängt Iraks Premier

Nach Jahrzehnten von Diktatur und Krieg im Irak will Deutschland die Beziehungen mit dem arabischen Land trotz aller Sicherheitsprobleme neu aufbauen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach nach ihrem ersten ausführlichen Gespräch mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki in Berlin von der "Möglichkeit, ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Irak aufzuschlagen". Al-Maliki lud die deutsche Wirtschaft bei seinem ersten Deutschland-Besuch mehrfach zu Handel und Investitionen ein. Die Bundesregierung will unterdessen weitere Flüchtlinge aus dem Irak aufnehmen.

Unterschiedlich bewerteten Merkel und Al-Maliki die Sicherheitslage in dem Land, in dem immer noch rund 130.000 US-Soldaten und rund 4000 britische Militärangehörige stationiert sind. Nach den Worten des irakischen Ministerpräsidenten hat sich die Sicherheitslage, von der ein breites Engagement der deutschen Wirtschaft abhängig ist, in den vergangenen sechs Monaten entscheidend verbessert. "Wir sind in der Lage, die Sicherheit selbst in die Hand zu nehmen", sagte Al-Maliki.

Sicherheitslage unklar

Von einer notwendigen Unterstützung durch das amerikanische und britische Militär sprach Al-Maliki, der mit dem demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten Barack Obama am Vortag über die Zukunft des US-Militäreinsatzes in seinem Land diskutiert hatte, nicht mehr. Er versprach den Unternehmen unmittelbaren Schutz. Irak ist einer der größten Erdölproduzenten der Welt. Das Land verfügt mit bis zu 120 Milliarden Barrel (je 159 Liter) über die drittgrößten Erdölvorkommen der Welt.

Merkel äußerte sich weit vorsichtiger. Für die Kanzlerin ist die Sicherheitslage "auf dem Weg der Besserung". Man könne nicht sagen, dass alles sicher sei. Bei der Beurteilung müsse nach den verschiedenen Regionen unterschieden werden. Die Lage in den kurdischen Gebieten im Norden und in der südlichen Stadt Basra sei besser als in anderen Landesteilen.

Öl und Infrastruktur

Al-Maliki warb insbesondere um Hersteller von Stahl und Baustoffen zum Wiederaufbau der Infrastruktur. Die BASF-Tochter Wintershall bemüht sich unabhängig davon um Öl-Förderlizenzen. Al-Maliki und Merkel erklärten, beide Seiten wollten an die engen Handelsbeziehungen der Vergangenheit anknüpfen. "In den 70er und 60er Jahren war die deutsche Wirtschaft für den Irak einer der wichtigsten Handelspartner überhaupt. Daran können wir anknüpfen", sagte auch der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Axel Nitschke, der "Passauer Neuen Presse". Konkrete Großaufträge sind aber offenbar noch nicht unter Dach und Fach.

Deutschland und der Irak wollen am Mittwoch ein Abkommen beschließen, um Investitionen ausländischer Investoren besser abzusichern. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium hieß es, man hoffe, eine solche Vereinbarung im Rahmen des Deutschlandbesuchs von Al-Maliki unterzeichnen zu können. Nach Angaben aus Regierungskreisen werden dazu noch Gespräche geführt.

Das "Handelsblatt" berichtete, Deutschland und der Irak hätten sich auf die Inhalte des monatelang umstrittenen Abkommens verständigt. Maliki wird am Mittag bei einem irakisch-deutschen Wirtschaftsgespräch reden, an dem auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos teilnimmt.

EU berät über Irak-Flüchtlinge

Ungeachtet der EU-Pläne um die verstärkte Aufnahme von Irak-Flüchtlingen sagte Al-Maliki, dass sein Land keinen Staatsbürger verlieren wolle. Er betonte, dass es auch keine Diskriminierung von Christen gebe. "Wir sind stolz auf alle." Seine Regierung werde alles tun, um Christen in den Irak zurückzuholen. Mehrere 100.000 Flüchtlinge aus dem Irak leben derzeit in Nachbarländern. An diesem Donnerstag wollen die EU-Innenminister über ein gemeinsames Vorgehen bei der Aufnahme beraten. Seit Beginn des Krieges vor fünf Jahren sind rund 2,5 Millionen Iraker ins Ausland geflüchtet. Nach UN-Schätzungen verlassen monatlich weiter etwa 60.000 Iraker ihr Land.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) setzt derweil weiter auf die verstärkte Aufnahme irakischer Flüchtlinge in Deutschland. Vor dem Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen dämpfte er aber die Hoffnungen über den Umfang. Die EU werde sich wohl nicht auf eine bestimmte Zahl einigen und die Flüchtlinge dann auf die Mitgliedstaaten verteilen, sagte Schäuble.

Schäuble meldete Zweifel an, dass sich das Land bereits so stabilisiert habe, dass sich die Aufgabe nicht mehr stelle. Bereits heute nehme Deutschland monatlich rund 600 Menschen aus dem Irak auf. Angesichts von Kritik aus den Ländern verwies er auf einen einstimmigen Beschluss der deutschen Innenminister zugunsten verstärkter Aufnahme. "Ich mache Schritt für Schritt, was wir gemeinsam beschlossen haben."

Quelle: ntv.de

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