"Sparkommissar" vom Tisch Merkel feiert Gipfel-Kompromiss
31.01.2012, 07:09 Uhr
Kanzlerin Merkel freut sich über den Sparpakt für mehr Haushaltsdisziplin. Bei der Rettung Griechenlands vor der Pleite pochen die Regierungschefs auf rasche Beschlüsse - und überlassen diese ihren Kassenhütern. Der von Deutschland geforderte "Sparkommissar" sei laut Euro-Gruppenchef Juncker vom Tisch. Die USA verfolgen die Ergebnisse des EU-Gipfels mit Skepsis.
Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU sprach in Brüssel von "einer wirklichen Meisterleistung". Sie konnte zentrale Forderungen wie automatische Strafen für Schuldensünder und Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild durchsetzen. Der Pakt soll im März unterzeichnet werden. Nach den Beschlüssen des EU-Gipfels brechen für Defizitsünder harte Zeiten an.
Das Problem Griechenland stand bei dem Sondertreffen nicht auf dem offiziellen Programm und blieb ungelöst. EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy forderte, die europäischen Finanzminister müssten bis Ende der Woche das bereits im Oktober beschlossene zweite Griechenland-Hilfspaket von 130 Milliarden Euro endgültig unter Dach und Fach bringen.
Ohne das neue Paket droht Athen die Staatspleite. Die Verhandlungen zwischen griechischer Regierung und Bankenvertretern in Athen über einen massiven Schuldenschnitt - dies ist die Vorbedingung für ein neues Paket - sind immer noch nicht abgeschlossen.
"Gewisse Frustration" bei Merkel
Merkel sagte nach siebenstündigen Beratungen, es gebe eine "gewisse Frustration" über die Entwicklung in Griechenland. "Die Frage stellt sich, ob etwas verbessert werden kann."
Heftige Kritik musste die Berliner Regierungschefin wegen der Forderung aus Deutschland nach einem "Sparkommissar" für Griechenland einstecken. Viele EU-Partner wiesen die Idee zurück, mitunter in scharfer Form. Selbst Merkels enger Verbündeter, Frankreichs Präsident " Es sei "unangemessen, undemokratisch und ineffizient", Griechenland die Hoheit über sein Budget zu entziehen
Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker sagte nach einem Treffen zu Griechenland in kleiner Runde im Anschluss an den EU-Gipfel, die Forderung sei vom Tisch. Merkel wiederholte die Forderung nach einem Sparkommissar nicht, stellte jedoch klar, dass während des geplanten zweiten Hilfsprogramms "durchaus Überwachung in Griechenland" gebraucht werde. Schließlich habe das Land die vereinbarten Spar- und Reformmaßnahmen nicht eingehalten.
Italien wartet auf Zugeständnisse Berlins
Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, lobte den Fiskalpakt als ersten Schritt in Richtung einer gemeinsamen Finanz- und Haushaltspolitik. Schuldenstaaten wie Italien warten nun laut Diplomaten auf Zugeständnisse Berlins bei der Euro-Rettung. Dabei geht es beispielsweise um die Aufstockung des auf bis zu eine Billion Euro.
Italiens Ministerpräsident Mario Monti zeigte sich zuversichtlich, dass Deutschland einer ESM-Ausweitung zustimmt. "Wir bemerken eine Wende in der Position Deutschlands", sagte er. Deutschland müsste die Hauptlast einer Erhöhung des Fonds schultern. Bisher muss Deutschland 22 Milliarden Euro an den Fonds überweisen und rund 167 Milliarden Euro garantieren.
In den USA stießen die Entscheidungen des EU-Gipfels auf Skepsis. "Europa bleibt eine Sorge", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, in Washington. "Es gibt positive Entwicklungen, aber es muss noch mehr Arbeit getan werden."
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/mbo