Politik

Veritable Führungsdebatte Merkel lehnt Kurswechsel ab

"Wahl nicht auf leichte Schulter genommen": Merkel sieht keinen Anlass zur Krise.

"Wahl nicht auf leichte Schulter genommen": Merkel sieht keinen Anlass zur Krise.

(Foto: REUTERS)

Kanzlerin Merkel erteilt einem Kurswechsel ihrer Politik eine klare Absage und will zudem nicht den CDU-Vorsitz aufgeben. "Es kommt gerade angesichts der großen Aufgaben darauf an, dass alles aus einem Guss ist", sagt Merkel. Sie kündigt an, neue Köpfe in die CDU-Spitze zu holen. Eine Mehrheit der Wähler glaubt aber nicht, das Schwarz-Gelb durchhält.

Nach der schwierigen Bundespräsidentenwahl hat Bundeskanzlerin Angela Merkel es ausdrücklich abgelehnt, den Parteivorsitz abzugeben. "Es kommt gerade angesichts der großen Aufgaben darauf an, dass alles aus einem Guss ist", sagte Merkel im RTL-Sommerinterview auf die Frage, ob die Vielzahl der Aufgaben keine Überforderung für sie bedeute.

Dass Christian Wulff am Mittwoch erst im dritten Wahlgang mit absoluter Mehrheit gewählt worden sei, habe sie als Aufforderung verstanden, "die Probleme zu lösen, die wir zu lösen haben", sagte sie. "Ich habe die Wahl nicht auf die leichte Schulter genommen", stellte Merkel zudem klar. Mit ihrer Kritik hätten manche vielleicht aber auch vergessen, "dass wir wirklich große Aufgaben haben meistern müssen", sagte die Kanzlerin mit Blick auf die milliardenschweren Rettungsschirme für Griechenland und für den Euro. "Das waren natürlich Kraftanstrengungen, die auch ihresgleichen suchen."

Merkel kündigt "neue Köpfe" an

Auf die Frage, ob sie angesichts der großen Probleme in der schwarz-gelben Koalition alles richtig gemacht habe, antwortete Merkel: "Diese Frage stelle ich mir in guten und in schlechten Zeiten. (...) Eine Kanzlerin allein kann natürlich nicht die ganze Regierungsarbeit machen." Dafür verfüge diese Regierung auch über viele Talente unter den Jüngeren und Älteren.

Nochmal gut gegangen: Wulff ist Bundespräsident, Merkel und Westerwelle können beruhigt sein,

Nochmal gut gegangen: Wulff ist Bundespräsident, Merkel und Westerwelle können beruhigt sein,

(Foto: REUTERS)

Auch die CDU habe viele Persönlichkeiten, die als stellvertretende Parteivorsitzende geeignet seien, sagte Merkel. Die Ministerpräsidenten aus Baden-Württemberg und Niedersachsen sowie die Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im nächsten Jahr, Julia Klöckner, seien wichtige Politiker. "Da wird sich die Öffentlichkeit vielleicht an den ein oder anderen neuen Kopf gewöhnen müssen." Sie erwähnte in diesem Zusammenhang auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, der sie eine "Schlüsselaufgabe im Kabinett" zuschrieb.

Eine Neuausrichtung der Partei nach dem Ausscheiden von Roland Koch, Jürgen Rüttgers und Christian Wulff in diesen Ämtern werde es aber nicht geben. "Ich glaube nicht, dass wir eine Neuausrichtung der Union brauchen." Es werde eine Mischung aus Sozial- und Wirtschaftspolitik auch unter den Stellvertretern geben.

Mappus erweist Bärendienst

Die Kanzlerin und ihre Minister waren in den letzten Monaten wegen der anhaltenden Streits etwa in der Gesundheits- und Steuerpolitik auch in den eigenen Reihen in die Kritik geraten. Bei der Bundespräsidentenwahl hatten auch viele Unionspolitiker in den ersten zwei Wahlgängen für den rot-grünen Kandidaten Joachim Gauck gestimmt. Dies wurde auch in der Union als Signal des Protests gegen die Regierung in Berlin gewertet.

Ein künftiger Stellvertreter? Mappus und Merkel.

Ein künftiger Stellvertreter? Mappus und Merkel.

(Foto: dpa)

Die Debatte um Merkel befeuerte zudem Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus, der eigentlich das genaue Gegenteil bewirken wollte. Mappus hatte vor einer Führungsdiskussion über die Kanzlerin gewarnt. Christdemokraten verteidigten die Merkel daraufhin umgehend. Merkel brachte im RTL-Interview mit einem Lob Mappus als ihren Stellvertreter in der CDU ins Gespräch.

Mappus hatte der "Bild"-Zeitung gesagt: "Wenn einer die CDU vollends in die Krise stürzen will, muss er jetzt eine Führungsdebatte um Bundeskanzlerin Merkel führen." Die Koalition dürfe so nicht weitermachen. "Wir brauchen mehr Mannschaftsgeist." Hintergrund ist eine Reihe von Problemen der Koalition bis hin zur Schlappe bei der Bundespräsidentenwahl

McAllister als Favorit?

Nach Informationen aus Regierungskreisen favorisiert Merkel zudem den neuen niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister als einen neuen Parteivize. Der 39-jährige McAllister zögert derzeit aber noch mit einer Kandidatur, weil auch die aus Niedersachsen stammende Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen Ambitionen auf den Posten hat. Diese sei ohnehin im Präsidium vertreten, sagte Merkel nun auf eine entsprechende Nachfrage im RTL-Interview. Für Festlegungen sei es aber zu früh, da es am Ende eine ausgewogene Mischung zwischen Bundes- und Landespolitikern sowie den politischen Flügeln der CDU geben müsse.

Angeheizt wurde die Debatte durch erneut schlechte Umfragewerte für die Koalition. Nach dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend rechnen 62 Prozent der Befragten damit, dass die Koalition vorzeitig endet. Zwar legte die Union in der Sonntagsfrage erstmals seit langem wieder um einen Punkt auf 33 Prozent zu. Wegen der schwachen FDP, die nur auf fünf Prozent käme, läge das Regierungslager aber nur bei 38 Prozent. SPD und Grüne erreichten dagegen 47 Prozent.

Bei den persönlichen Umfragewerten lag Merkel nur an siebter Stelle, weit hinter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), aber auch hinter SPD-Spitzenpolitikern wie Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier.

Steinmeier: Merkel kann nicht führen

Steinmeier hat Merkel angesichts der andauernden Regierungskrise die Befähigung zur Kanzlerschaft abgesprochen. "Tatsache ist doch: Frau Merkel kann nicht führen, sie wartet immer nur ab", sagte Steinmeier dem "Kölner Stadt-Anzeiger". In der Koalition mit der SPD habe Merkel damit Erfolg gehabt, weil "sie es mit regierungserfahrenen Köpfen und mit vernunftgesteuerten Vorschlägen" zu tun gehabt habe. Dies sei in der Regierung mit der FDP nicht der Fall.

Auch mit seinem Nachfolger als Außenminister, FDP-Chef Guido Westerwelle, ging Steinmeier hart ins Gericht. Dieser fülle seine Aufgaben nicht aus, sagte der SPD-Fraktionschef. "Ich denke, man kann als Außenminister nicht auf große Akzeptanz stoßen, wenn man sich nicht auf die Außenpolitik konzentriert", kritisierte Steinmeier. Westerwelle werde nach wie vor vor allem als FDP-Parteichef wahrgenommen.

Quelle: ntv.de, tis/dpa/rts/AFP

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