Breit angelegter EM-Boykott geplant? Merkel macht Stimmung in EU
06.05.2012, 09:35 Uhr
Merkel setzt sich offenbar für einen breitangelegten Boykott der EM ein.
(Foto: dapd)
Der Fall Timoschenko könnte dem ukrainischen Präsidenten Janukowitsch teuer zu stehen kommen. Bundespräsident Gauck und acht andere Staatschefs sagen ein für Mitte Mai geplantes Treffen mit Janukowitsch auf der Krim ab. Jetzt will ganz offensichtlich Kanzlerin Merkel ihre EU-Kollegen bewegen, nicht zur Fußball-EM in die Ukraine zu reisen.
Die Bundesregierung will offenbar im Fall Timoschenko den Druck auf die Ukraine erhöhen. Kanzlerin Angela Merkel werbe in der Europäischen Union dafür, dass nach der EU-Kommission auch alle Staats- und Regierungschefs den Spielen in dem Land fernblieben, falls die inhaftierte Oppositionsführerin Julia Timoschenko nicht freigelassen werde, berichtete "Der Spiegel" ohne Angabe von Quellen. Im Kanzleramt setze man darauf, dass eine EU-weite Boykottdrohung eine größere Wirkung entfalte als der Alleingang einiger Länder. Merkel hat bereits erklärt, dass sie einen Besuch der deutschen Spiele in der Ukraine von der politischen Entwicklung in dem Land abhängig mache.

Jewgenija Timoschenko will mit Merkel und Gauck reden.
(Foto: dpa)
Nach Angaben der "Bild am Sonntag" bat unterdessen Timoschenkos Tochter, Jewgenija, um ein Treffen mit Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck. Timoschenko komme an diesem Montag nach Berlin, um an einer Tagung der Arbeitsgruppe Menschenrechte der Unions-Bundestagsfraktion teilzunehmen. Zwar gebe es keine Pläne für ein Treffen mit Merkel, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert laut "BamS". Unmöglich ist dies aber offensichtlich nicht. "Die Bundeskanzlerin hat Jewgenija Timoschenko schon einmal getroffen. Dass sie es wieder tut, ist nicht ausgeschlossen", so Seibert weiter.
Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche einen Boykott der EM in der Ukraine angekündigt, die das Turnier gemeinsam mit Polen ausrichtet. Gauck und acht andere Staatschefs haben zudem ein für Mitte Mai geplantes Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch auf der Krim abgesagt.
Die wegen Amtsmissbrauch zu sieben Jahren Haft verurteilte Timoschenko leidet an einem nicht behandelten Bandscheiben-Vorfall und hat aus Protest gegen Misshandlungen in der Haft vor mehr als zwei Wochen einen Hungerstreik begonnen. Die ehemalige Ministerpräsidentin bezeichnet die Verfahren gegen sie als Schauprozesse, um die Opposition mundtot zu machen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP