Mehr Macht für Brüssel Merkel unterstützt Schäuble
17.10.2012, 13:53 Uhr
Wolfgang Schäuble will mehr Kompetenzen nach Brüssel verlagern. Die Kanzlerin hat "exakt die gleichen" Pläne heißt es aus Regierungskreisen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Zunächst schlägt Finanzminister Schäube nur Kritik entgegen. Sein Plan, den EU-Währungskommissar mit einem Veto bei nationalen Haushalten auszustatten, erzürnt vor allem die EU-Kommission. Auch CSU und FDP halten wenig davon. Nach EZB-Vertreter Asmussen stärkt dem CDU-Politiker jetzt allerdings auch die Kanzlerin den Rücken.
Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU steht hinter dem Vorstoß von Finanzminister Wolfgang Schäuble für tiefgreifende Reformen in Europa und mehr Macht des EU-Währungskommissars. Eine Stärkung des Währungskommissars könne ein wichtiges Element sein, hieß es in Regierungskreisen in Berlin. Die Kanzlerin habe exakt die gleiche Analyse wie der Finanzminister. Diese werde sie bei dem Brüsseler EU-Gipfel an diesem Donnerstag einbringen.

Jörg Asmussen: "Es ist eine gute Idee, dass der Währungskommissar das Budget zurückweisen kann."
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Ob Änderungen der EU-Verträge nötig seien, werde erst im Dezember entschieden. Beim Gipfel stehe dies nicht zur Debatte, heißt es weiter. Ein Sondertreffen nur der Euro-Gruppe sei nicht geplant.
Trotz Merkels Einsatz für Schäubles Vorstoß gibt es in der Regierungskoalition Widerstand gegen die Pläne. Aus Sicht von Wirtschaftsminister und Vizekanzler Philipp Rösler von der FDP gibt es "noch erheblichen Diskussionsbedarf". Dies betreffe auch die Rechte nationaler Parlamente. Die grundsätzliche Zielrichtung - eine stärkere Integration Europas - sei entscheidend. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle hält ein Veto-Recht für den Währungskommissar nicht für möglich. "Oberaufseher der deutschen Gesetzgebung - das kann ich mir nicht vorstellen."
CSU-Chef Horst Seehofer lehnt einen mächtigen EU-Währungskommissar ab. Schäubles Vorschläge seien "vielschichtig", sagte Seehofer. Es gebe Dinge, die man sich vorstellen könne - "es sind aber auch Dinge dabei, die wir klar ablehnen, zum Beispiel einen europäischen Finanzminister oder Quasi-Finanzminister".
Flexible Mehrheiten im Parlament
Schäuble will dem Währungskommissar mehr Macht verleihen. So soll dieser künftig stärker als bisher in die Budgetplanung der Mitgliedsstaaten eingreifen können und allein entscheiden, ob er den Haushalt eines Landes zurückweist. Er müsste nicht mehr die anderen Kommissare - auch aus betroffenen Ländern - überzeugen.
Zudem will Schäuble die Rechte des Europäischen Parlaments stärken. Es soll früher einbezogen werden. Außerdem sollen nur Abgeordnete aus den Ländern über Fragen abstimmen, deren Länder betroffen sind. Dies betrifft etwa Entscheidungen nur für die 17 Euro-Länder oder Unterzeichner des Schengen-Abkommens. Für eine Umsetzung von Schäubles Plänen wären umfangreiche Änderungen der europäischen Verträge erforderlich. Das erfordert einen Konvent, der aus Sicht Schäubles schon im Dezember einberufen werden könnte.
Zuvor kritisierte schon die EU-Kommission den Vorstoß Schäubles. "Wir haben bereits einen Super-Kommissar, der ein Super-Vizepräsident ist, er heißt Olli Rehn", sagte die Sprecherin von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zu einem möglichen Vetorecht des Währungskommissars.
Das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen sagte dem Sender hr-iNFO: "Der Bundesfinanzminister hat einen ganz wichtigen Punkt angesprochen, der geklärt werden muss: dass wir in Zukunft mehr Souveränität in Europa teilen müssen, um den Stabilitätserfordernissen, die eine Währungsunion hat, Rechnung zu tragen."
Regierung setzt auf Anreizsystem für Reformen
In Regierungskreisen hieß es, die wirtschaftspolitische Abstimmung in Europa müsse besser werden. Angestrebt würden verbindliche Vereinbarungen statt unverbindlicher Empfehlungen. Auch ein Anreizsystem für Reformen sei denkbar, etwa finanziert aus der Finanztransaktionsteuer. Der Gipfel werde auf der Basis des Zwischenberichts von Ratspräsident Herman van Rompuy und anderen die Themen identifizieren, die vertieft werden müssten. Entscheidungen würden im Dezember getroffen.
Mit Blick auf Spanien hieß es, das Land müsse selbst entscheiden, ob es Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds benötige. Weiter wurde in Regierungskreisen bekräftigt, dass die geplante Bankenaufsicht durch die EZB keine Lücken haben dürfe. Berlin hält den Start der Aufsicht schon im Januar 2013 weiter für unrealistisch.
Quelle: ntv.de, ieh/rts/dpa