Politik

Ägypten am Tag der Wahl Militärrat greift nach der Macht

(Foto: AP)

In Ägypten haben die Menschen die Wahl: Soll Muslimbruder Mursi oder Mubaraks Ex-Minister Schafik Präsident werden? Angesicht der Auflösung des Parlaments stellen sich jedoch viele die Frage, welchen Wert der Urnengang hat. Denn der Militärrat versucht, wichtige Befugnisse wieder an sich zu ziehen.

Der in Ägypten regierende Oberste Militärrat will nach der Auflösung des Parlaments wieder die Kontrolle über die Gesetzgebung und den Haushalt des Landes übernehmen. Dies gehe aus einer Erklärung über einen Verfassungszusatz hervor, verlautete aus Militärkreisen. Das ägyptische Verfassungsgericht hatte entschieden, dass die Zusammensetzung des Parlaments unrechtmäßig sei. Der Oberste Militärrat verkündete darauf inmitten der laufenden Präsidentschaftswahl die offizielle Auflösung des Parlaments.

Mit der Entscheidung zur Annullierung der Parlamentswahl stellte das Gericht den gesamten Zeitplan zur Übergabe der Macht vom Militärrat, der seit dem Sturz Husni Mubaraks im Februar 2011 das Land regiert, an eine demokratisch gewählte Regierung in Frage.

Wahlausgang völlig offen

Indessen wählen die Ägypter einen neuen Präsidenten. Zu der Stichwahl traten Mohammed Mursi von den Muslimbrüdern und Ahmed Schafik, der letzte Regierungschef des gestürzten Machthabers Husni Mubarak, an. Erste offizielle Ergebnisse werden erst in einigen Tagen erwartet.

Ägyptische Kommentatoren prophezeiten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Kandidaten. Beide hatten sich in der ersten Wahlrunde am 23. und 24. Mai gegen gemäßigte Islamisten, vom alten Regime unabhängigere Säkulare und Vertreter der revolutionären Strömungen durchgesetzt.

Wähler offenbar desillusioniert

Der Zustrom der Wähler hielt sich in Grenzen. Dem ägyptischen Rechtsanwälte-Syndikat zufolge hatte die Wahlbeteiligung am ersten Tag in den meisten Wahllokalen nicht einmal 15 Prozent erreicht. In Kairo und den bevölkerungsreichen Städten des Nil-Deltas habe sie gar nur fünf bis sieben Prozent ausgemacht, hieß es in einem Bericht des Syndikats. In der ersten Wahlrunde im Mai hatte die Wahlbeteiligung bei 46 Prozent gelegen.

Beobachter machten dafür zum Teil die unübersichtlich gewordene politische Lage nach der Auflösung des Parlaments durch das Verfassungsgericht verantwortlich. Aber auch die eingeengte Auswahl zwischen der von Mursi proklamierten "islamischen Renaissance" und der von Schafik ausgehenden Nähe zum alten Regime und nicht zuletzt die sommerlichen Temperaturen von bis zu 40 Grad im Schatten hätten viele Wähler abgegehalten.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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