Politik

"Zuwanderungssystem gescheitert" Mißfelder fordert Punktesystem

JU-Chef Mißfelder erklärt das bisherige Zuwanderungssystem in Deutschland für gescheitert. Im Interview mit n-tv.de kündigt er deshalb an, auf dem CDU-Parteitag im November die Einführung eines Punktesystems für Einwanderer nach dem Vorbild von Kanada oder Australien zu beantragen. "In Zukunft müssen wir die einladen, die uns nutzen." Zugleich verteidigt er CSU-Chef Seehofer und erteilt einer Koalition mit den Grünen eine klare Absage.

Sind sich einig: Philipp Mißfelder (links) und der Herr der Stammtische, Horst Seehofer.

Sind sich einig: Philipp Mißfelder (links) und der Herr der Stammtische, Horst Seehofer.

(Foto: dpa)

n-tv.de: Ist der Islam ein Teil Deutschlands?

Philipp Mißfelder: Das ist eine schwierige Frage. Der Bundespräsident hat das Thema zurecht angesprochen, denn es erregt viele Gemüter. Ich habe die Rede von Christian Wulff gelesen und teile auch einen großen Teil seiner Thesen.

Auch Angela Merkel hat in ihrer Rede die Einschätzung des Bundespräsidenten geteilt. Wer trifft denn eher den Ton in der Integrationsdebatte: CSU-Chef Horst Seehofer, der einen Zuwanderungsstopp fordert oder Angela Merkel, die auf ausländische Fachkräfte setzt und auch Muslime als Teil der Gesellschaft begreift?

Beide. Die Union muss das gesamte Spektrum, von der Mitte bis an den demokratischen rechten Rand abdecken. Horst Seehofer hat vielen Leuten aus der Seele gesprochen. Zum Aufgabenprofil des CSU-Chefs gehört es eben auch, die Deutungshoheit über die Stammtische zu erreichen.

Plädieren Sie denn für einen Zuwanderungsstopp?

Nein. Aber eines ist klar: Das bisherige Zuwanderungssystem in Deutschland ist gescheitert. Wir als Junge Union werden deswegen beim CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe den Antrag stellen, zur Steuerung der Einwanderung ein Punktesystem einzuführen. Länder wie Australien, Kanada oder Neuseeland praktizieren dies bereits. Dort kommt es bei der Auswahl der Bewerber auf Kriterien wie Bildungsabschluss, Sprachkompetenz, Berufserfahrung, Alter, Arbeitsverhältnis und Anpassungsfähigkeit an. Es geht also nicht um Herkunft oder Religionszugehörigkeit, sondern allein um Qualifikation. In Zukunft müssen wir die einladen, die uns nutzen. Nicht die, die uns ausnutzen.

Die Union hat die von Sarrazin angestoßene Debatte dankbar aufgenommen.

Die Union hat die von Sarrazin angestoßene Debatte dankbar aufgenommen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ist die Zuwanderungsfrage ein sinnvoller Weg, konservative Wähler anzusprechen?

Durchaus. Wir haben ja gesehen, wie die Wähler aller politischen Parteien von der Sarrazin-Debatte elektrisiert waren. Deshalb sind die Äußerungen auch im Gesamtzusammenhang der Integrationsdebatte zu sehen.

Sie bemängeln immer wieder das fehlende konservative Profil der Union. Roland Koch wirft in seinem Buch den Konservativen allerdings auch vor, viel zu lamentieren und wenig in der praktischen Politik durchzusetzen. Finden Sie keine Mehrheit mehr in Ihrer Partei für Ihre konservativen Positionen?

Nein. In der Jungen Union diskutieren wir zum Beispiel intensiv über Lebensschutz, und wir haben gerade das Betreuungsgeld als Barzahlung beschlossen. Wir bringen also dort, wo es möglich ist, konkrete Forderungen in die Politik ein.

Sie haben nicht den Eindruck, in Ihrer Partei einer Minderheit anzugehören?

Nein, überhaupt nicht. Zumal ich weiß, dass eine Mehrheit der Wähler so denkt wie wir.

Die Grünen erreichen auch dank Stuttgart 21 momentan Höchstwerte in den Umfragen und sind insbesondere in Baden-Württemberg zu ihrem stärksten Gegner erwachsen. Gerade dort finden Sie auch die Zustimmung bei bürgerlichen Wählern. Ist es dann schlau, wie Sie es tun, die Grünen zu verdammen?

Wir wollen keine Koalition mit den Grünen, sondern kämpfen darum, aus eigener Kraft stark genug zu sein. Damit können wir uns dann unsere Koalitionsoptionen nach den Inhalten aussuchen. Wir dürfen uns nicht an den Inhalten der Grünen ausrichten oder uns ihnen geradezu anbiedern. Sonst machen wir die Grünen noch viel stärker, als sie ohnehin schon sind.

Verschließen Sie Ihrer Partei damit nicht mögliche Koalitionsoptionen, wenn Sie die Grünen als Partner ablehnen?

Ich will mit der schwarz-gelben Mehrheit, mit der wir im Bund regieren, Politik gestalten und nicht über Koalitionsoptionen diskutieren. Die Bürger sind regelrecht angewidert, wenn sie sehen, dass wir über Machtperspektiven und Koalitionen philosophieren, anstatt über Inhalte zu reden, die uns wichtig sind und für die wir auch gewählt wurden.

Die Kanzlerin gibt die Richtung vor: Merkel und Mißfelder auf dem JU-Kongreß in Potsdam.

Die Kanzlerin gibt die Richtung vor: Merkel und Mißfelder auf dem JU-Kongreß in Potsdam.

(Foto: dapd)

Was muss die CDU unternehmen, damit die Landtagswahl in Baden-Württemberg nicht verloren geht?

Die Kanzlerin hat die Richtung vorgegeben: Wir stehen geschlossen hinter Stuttgart 21, wir stehen hinter Stefan Mappus. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir auch die Frage der Notwendigkeit von Infrastrukturprojekten insgesamt in Deutschland auf die Tagesordnung setzen. Hier müssen wir uns fit für die Zukunft machen.

Das heißt Konfrontation und Offensive?

Nein, Stefan Mappus sucht ja den Dialog. Aber insbesondere die Bahn hat nicht alles richtig gemacht. Deshalb ist das Schlichtungsverfahren ein guter Weg, wenn es denn Früchte trägt. Die Spielräume sind allerdings relativ eng.

Was passiert, wenn Baden-Württemberg verloren geht?

Wir setzen auf Sieg. Es bringt nichts, vor einer Wahl über Niederlagen zu philosophieren. Das macht eine Partei nicht besonders attraktiv.

Quelle: ntv.de, Mit Philipp Mißfelder sprach Till Schwarze

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