Nach Unruhen Mitrovica wieder unter Kontrolle
17.03.2008, 16:58 UhrNach schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen im Norden des Kosovos hat die internationale Schutztruppe KFOR in der Stadt Mitrovica die Lage unter Kontrolle gebracht. KFOR-Sprecher Etienne Du Fayet berichtete in Pristina, alle Straßen in Richtung Mitrovica seien geschlossen und würden von KFOR-Verbänden kontrolliert. Vor dem umkämpften Kreisgericht hielten sich nur noch rund 100 Serben auf, sagte der Offizier weiter.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verurteilte die gewalttätigen Ausschreitungen in Mitrovica scharf. Die Gewaltakte serbischer Demonstranten gegen die Polizei der UN-Verwaltung (UNMIK) und der internationalen KFOR-Schutztruppe seien "inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen", sagte er nach Angaben des Auswärtigen Amtes am Rande der deutsch-israelischen Regierungskonsultationen in Jerusalem.
Die UN-Resolution 1244 und damit die Zuständigkeit der UN- Verwaltung UNMIK auch für den Norden des Kosovos müssten ohne Abstriche und von allen Seiten respektiert werden. "Die internationale Gemeinschaft wird allen Versuchen, dies in Frage zu stellen, entschlossen entgegentreten." Steinmeier betonte, er unterstütze nachdrücklich die von UNMIK und KFOR eingeleiteten Schritte, um Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. "Die Rechnung serbischer Nationalisten darf nicht aufgehen."
UN und Europäische Union betonten, die serbischen Demonstranten hätten eine der "roten Linien" verletzt, die die Vereinten Nationen den Kosovo-Serben und der Führung in Belgrad genannt hätten. Die EU-Kommission mahnte Zurückhaltung an. "Wir sind sehr besorgt wegen der gespannten Lage im Norden Mitrovicas, und wir bedauern sehr die Angriffe auf UN-Polizisten und KFOR-Soldaten", sagte ein EU-Sprecher in Brüssel. Gewalt sei inakzeptabel und keine Lösung. Alle Seiten sollten an einem multi-ethnischen Kosovo auf der Grundlage des Rechts mitarbeiten. Die Nato, die die KFOR-Truppen stellt, kündigte ein konsequentes Vorgehen gegen die Gewalt an.
Russland schürt Streit
Russland hat die jüngste Gewalt im Norden des Kosovos als Folge der Unabhängigkeitserklärung der bisherigen südserbischen Provinz bezeichnet. Der Konflikt könne erst dann beigelegt werden, wenn die Kosovo-Frage wieder auf eine völkerrechtliche Basis gestellt und im Dialog zwischen Belgrad und Pristina gelöst werde, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Moskau und mahnte die UN-Polizei zur Zurückhaltung. Als Schutzmacht der Serben hatte Russland die Unabhängigkeitserklärung des Kosovos und die Anerkennung durch westliche Staaten scharf kritisiert.
Serbien machte die UN und die EU für die Eskalation verantwortlich und erhöhte die Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze zum Kosovo. Es drohe ein neues Pogrom der Albaner gegen die Serben. Der pro-serbische Nationalrat im nördlichen Kosovo rief die Führung in Belgrad zur Hilfe auf.
Schüsse in Mitrovica
Der Konflikt zwischen der serbischen Minderheit im Kosovo und den internationalen Sicherheitskräften war eskaliert, als sich UN-Polizisten und KFOR-Soldaten heftige Straßenschlachten mit Demonstranten um ein Gerichtsgebäude in Mitrovica lieferten. Während der Zusammenstöße wurden Nato-Truppen aus automatischen Waffen beschossen, wie ein französischer Sprecher mitteilte. Die Soldaten hätten mit Warnschüssen reagiert. Die Vereinten Nationen wiesen ihre Polizisten aus Polen und der Ukraine schließlich an, sich zurückzuziehen. Die serbische Enklave Mitrovica liegt im Norden des überwiegend von Albanern bewohnten Kosovo.
Die schlimmsten Gewalttätigkeiten seit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Februar hatten sich an dem Versuch von UN und KFOR entzündet, das von Serben vorige Woche besetzte Gerichtsgebäude zu räumen. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas gegen Demonstranten ein, die ihrerseits Steine und Feuerwerkskörper warfen. Autos gingen in Flammen auf. Augenzeugen berichteten, wütende Serben hätten mindestens zehn Personen aus dem Gewahrsam der Sicherheitskräfte befreit.
Bei den Zusammenstößen zwischen wurden rund 100 Personen verletzt. Etwa 70 Serben wurden ärztlich behandelt, erläuterte das Krankenhaus in Mitrovica. Nach offiziellen Angaben wurden rund 25 internationale Polizisten, die meisten aus Polen, und acht französische KFOR-Soldaten verletzt.
Ethnische Spannungen
Im Kosovo leben unter den zwei Millionen Albanern etwa 120.000 Serben, die sich erbittert gegen die Unabhängigkeit der einstigen serbischen Provinz wehren. Die jüngsten Unruhen flackerten am vierten Jahrestag anti-serbischer Ausschreitungen auf, bei denen 19 Menschen getötet sowie Hunderte Häuser und Kirchen in Brand gesteckt worden waren. Die damaligen Unruhen hatten die KFOR-Soldaten unvorbereitet getroffen.
Quelle: ntv.de