In dem von blutigen Unruhen erschütterten ostafrikanischen Land Kenia ist erneut ein Oppositionspolitiker getötet worden. Der Parlamentarier David Too ist der zweite Abgeordnete der Oppositionspartei ODM, der innerhalb weniger Tage ermordet wurde. Spontane Folge war ein neuer Ausbruch von Gewalt im Westen des Landes. In Kisumu, einer Hochburg der Opposition, gingen hunderte Jugendliche auf die Straße und warfen mit Steinen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief unterdessen die verfeindeten politischen Führer zu einer friedlichen Lösung des Konflikts auf.

Nach Angaben eines Polizeisprechers fielen die tödlichen Schüsse auf den Abgeordneten Too in der Stadt Eldoret im zentralkenianischen Rift Valley, als dieser zusammen mit einer Polizistin ein Hotel verließ. Seine Begleiterin wurde schwer verletzt. Als mutmaßlichen Täter nahmen die Behörden einen Polizisten fest. Erst Anfang der Woche war der Parlamentarier Melitus Mugabe Were erschossen worden. Auch diese Mordtat hatte eine Welle von Gewalt im Land ausgelöst.

Oppositionsführer Raila Odinga nannte die Attentate Teil eines Plans, die Zahl der Oppositionellen im Parlament zu dezimieren. Die ODM hat 99 von 210 Abgeordnetenmandaten im Parlament in Nairobi. Seit der Präsidentenwahl am 27. Dezember und dem umstrittenen Wahlsieg von Amtsinhaber Mwai Kibaki wird Kenia von schweren Unruhen erschüttert. In den vergangenen Wochen sind bereits mehr als 850 Menschen getötet worden.

Ein Sprecher der Vereinten Nationen sagte, trotz der tödlichen Schüsse auf David Too seien beide Konfliktparteien interessiert, den Dialog fortzusetzen. Er kündigte an, UN-Generalsekretär Ban komme am Freitag nach Kenia. Er wolle sich mit Odinga treffen. Dieser nahm nicht am Gipfel der Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba teil, der am Donnerstag begann. Dort war Ban mit Kibaki zusammengetroffen.

Ban ermahnte die Kontrahenten Kibaki und Odinga zu Beginn des dreitägigen Gipfels der Staatschefs in der äthiopischen Hauptstadt. Sie hätten "eine besondere Verantwortung, die Krise friedlich zu lösen". Der AU-Vorsitzende Alpha Oumar Konare rief die panafrikanische Organisation auf, an der Lösung des Konflikts mitzuwirken. "Wenn Kenia brennt, wird nichts für die Zukunft übrig bleiben", mahnte Konare. Kenia galt bislang als Pfeiler der Stabilität in der von Unruhen und Krisen erschütterten Region am Horn von Afrika.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) forderte alle politischen Kräfte in Kenia auf, die Gewalt einzudämmen und Transporten mit humanitärer Hilfe Zugang zu den Opfern zu gewähren. Das DRK versorgt dort Vertriebene mit Lebensmitteln und anderen Hilfsgütern. Die größten Hindernisse für die Helfer seien abgeriegelte Gebiete und Straßenschlachten. "Jetzt, da die Menschen mehr denn je unsere Hilfe brauchen, können wir sie nur schwer erreichen", sagte Dietrich Fischer vom DRK in Nairobi.

Neben der Krise in Kenia sollen beim AU-Gipfel in Addis Abeba auch die Konflikte in der westsudanesischen Bürgerkriegsregion Darfur und in Somalia erörtert werden. Offizielles Hauptthema ist die Industrialisierung auf dem afrikanischen Kontinent. Der Afrikanischen Union gehören bis auf Marokko alle anderen 53 afrikanischen Staaten an. Sie hat ähnliche Strukturen wie die Europäische Union. Präsident ist gegenwärtig das Staatsoberhaupt Ghanas, John Kufuor.