Arrest als Schutz vor der Lynchjustiz Mubarak verlässt das Gefängnis
22.08.2013, 18:18 Uhr
Nur der Ausnahmezustand über Ägypten verhindert, dass sich Mubarak als freien Mann bewegen und das Land verlassen kann.
(Foto: AP)
30 Jahre lang war Husni Mubarak Ägyptens Präsident. Zuletzt saß er mehr als zwei Jahre lang in Haft - nun steht er unter Arrest. Die Lage bleibt extrem angespannt. Neue Proteste stehen bevor. Schon am kommenden Sonntag beginnt ein neuer Prozess gegen ihn.
Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen hat der ägyptische Ex-Präsident Husni Mubarak per Hubschrauber das Gefängnis verlassen und ist in das Militärkrankenhaus im Kairoer Stadtteil Maadi geflogen worden. Der ehemalige Staatschef soll sich selbst dafür entschieden haben, in diesem Krankenhaus untergebracht zu werden, in dem er bereits zuvor behandelt worden war. Dort wird der 85-Jährige, der wegen der Tötung von mehr als 800 Demonstranten angeklagt ist, unter Arrest gestellt. Mubarak saß zwei Jahre und vier Monate in Untersuchungshaft.
Mubarak war fast 30 Jahre lang Präsident des bevölkerungsreichsten arabischen Landes. Nach Massenprotesten hatte ihn das Militär im Februar 2011 zum Rücktritt gezwungen.
Für diesen Freitag werden neue Proteste und Auseinandersetzungen in Ägypten befürchtet. Bei Unruhen sind in den vergangenen Wochen seit dem Sturz der islamistischen Regierung des gewählten Präsidenten Mohammed Mursi viele hundert Menschen ums Leben gekommen.
Regierung bestand auf Hausarrest
Ein Gericht hatte am Mittwoch zwar die Entlassung des Ex-Präsidenten aus der Untersuchungshaft verfügt, die Regierung ordnete jedoch kurz darauf Hausarrest für Mubarak an, um den Ausbruch neuer Unruhen zu vermeiden. Dabei berief sie sich auf den Ausnahmezustand, der nach den jüngsten Straßenschlachten zwischen der Polizei und den im Juli entmachteten Islamisten verhängt worden war.
Einige Dutzend Anhänger des Ex-Präsidenten warteten am Donnerstag vor dem Gefängnistor, um ihm zuzujubeln. Sie trafen aber nur auf eine tief verschleierte Tochter des im gleichen Gefängnis inhaftierten stellvertretenden Oberhauptes der Muslimbruderschaft, Chairat al-Schater. Chadidscha, die gekommen war, um ihren Vater zu besuchen, nutzte die Anwesenheit zahlreicher Reporter, um gegen die Freilassung Mubaraks zu protestieren.
Mubarak wurden in zwei Verfahren Korruption und in einem weiteren Proz ess die Tötung der Demonstranten vorgeworfen. Dieses Hauptverfahren wird am kommenden Sonntag fortgesetzt. Die maximale Dauer der Untersuchungshaft dafür war abgelaufen.
Vor allem das Königshaus von Saudi-Arabien soll sich in Kairo mehrfach für die Freilassung des ehemaligen Staatschefs starkgemacht haben. Saudi-Arabien hat der neuen Übergangsregierung großzügige Finanzhilfen zugesichert.
Muslimbrüder landen im Gefängnis
Unterdessen verschwinden immer mehr Angehörige der Muslimbruderschaft hinter Gittern. In der Nacht zum Donnerstag nahm die Polizei den Sprecher Ahmed Aref fest. Die islamistischen Muslimbrüder, die unter Mubarak jahrzehntelang verboten und im Untergrund aktiv waren, waren im Juli vom Militär entmachtet worden. Der gewählte Präsident Mohammed Mursi, der aus der Muslimbruderschaft stammt, wurde damals abgesetzt und inhaftiert.
Aref hatte die Anhänger der Muslimbrüder in den vergangenen Tagen aufgefordert, ihre Proteste trotz der Festnahme von Führungspersonen fortzusetzen. Inzwischen sitzt etwa ein Drittel der Spitze der Muslimbruderschaft in Untersuchungshaft. Die Polizei nahm unterdessen auch Mustafa Ghoneim fest, ein Mitglied des obersten Weisungsrates der Muslimbruderschaft.
Blogger und Aktivisten protestierten in sozialen Netzwerken gegen Mubaraks Haftentlassung. Mehrere sogenannte Revolutionsgruppen starteten eine Kampagne. Sie erklärten, Mubarak und Funktionäre seines Regimes müssten vor ein Revolutionsgericht gestellt werden. Die Jugendbewegung 6. April und andere Protestgruppen wollen an diesem Freitag vor einem Justizgebäude in Kairo demonstrieren. Die entmachteten Islamisten haben ebenfalls Demonstrationen angekündigt. Ihre Kundgebungen stehen unter dem Motto "Freitag der Märtyrer".
Am Mittwoch hatten die EU-Staaten beschlossen, wegen der blutigen Proteste der vergangenen Tage in Ägyptern bis auf weiteres keine Waffen und keine Güter mehr an den Nil zu liefern, mit denen dort Proteste niedergeschlagen werden können.
Einige Dutzend vorwiegend junge Demonstranten demonstrierten derweil vor den Botschaften der USA, der Türkei und vor der katarischen Botschaft gegen eine "Einmischung in Ägyptens innere Angelegenheiten".
Quelle: ntv.de, dpa/AFP