Politik

"Ist das nicht Demokratie?" Mursi beschwichtigt die Ägypter

Mursi hatte sich Rückendeckung von Politik und Militär geholt.

Mursi hatte sich Rückendeckung von Politik und Militär geholt.

(Foto: Reuters)

Erstmals seit Beginn der blutigen Krawalle in Ägypten meldet sich der islamistische Präsident Mursi zu Wort. Er ruft die Ägypter über das Fernsehen zur Geschlossenheit auf und lädt die Opposition zu Gesprächen am Samstag ein. Gleichzeitig verteidigt er seine Politik.

Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat den Gegnern der Islamisten die Schuld an der Gewalt bei den blutigen Krawallen in Kairo gegeben. In seiner ersten Ansprache seit Beginn der Ausschreitungen rief der erste islamistische Staatschef Ägyptens seine Landsleute am Abend zur Geschlossenheit auf.  Er lud alle politischen Parteien "zu einem Dialog am Samstag, den 8.  Dezember im Präsidentenpalast" ein. Bei den Gesprächen solle es um die  Ausgestaltung eines Wahlgesetzes und eines Zeitplans für das  umstrittene Verfassungsreferendum gehen.

Gleichzeitig verteidigte er seine Politik. Er sagte, die Mehrheit, die ihn gewählt habe, müsse entscheiden. "Ist das nicht Demokratie?"

Mursi sagte, einige der bewaffneten Gewalttäter, die die Polizei nach den Straßenschlachten festgenommen habe, hätten Kontakte zu denjenigen gehabt, "die sich selbst als politische Kräfte bezeichnen". Unter den Festgenommenen seien auch "bezahlte Schläger". Diese seien von Anhängern des alten Regimes des gestürzten Präsidenten Husni Mubarak angeheuert worden.

Mursi betonte, er beschuldige nicht alle Oppositionellen, die den Verfassungsentwurf der Islamisten kritisiert hatten. "Dies ist freie Meinungsäußerung, das ist normal, da müssen wir differenzieren", fügte er hinzu.

Ägyptisches Militär schaltet sich ein

Panzer und Stacheldraht halten die Ägypter auf Abstand zu ihren Präsidenten.

Panzer und Stacheldraht halten die Ägypter auf Abstand zu ihren Präsidenten.

(Foto: REUTERS)

Zuvor hatte sich das ägyptische Militär direkt in den Machtkampf zwischen Anhängern und Gegnern Mursis eingeschaltet. Panzer und gepanzerte Tru ppentransporter bezogen zur Unterstützung eines Großaufgebots der Polizei rund um den Präsidentenpalast in Kairo Stellung, woraufhin sich die Lage nach den schweren Ausschreitungen beruhigte. Die Republikanische Garde versicherte, die Streitkräfte würden nicht zur Unterdrückung der Demonstranten eingesetzt.

Bislang starben bei den Ausschreitungen sieben Menschen. Die Zahl der Verletzten erhöht sich immer weiter und liegt nun bei 771.

Nach den USA und Großbritannien mahnte auch die Bundesregierung, dass die schwerste Krise in Ägypten seit Mursis Amtsantritt im Juni im Dialog gelöst werden müsse. "Wir erleben die Bewährungsprobe der Revolution", sagt der Politologe Stephan Stetter n-tv.de. "Wenn Mursi hart bleibt, kommt es zur Konfrontation."

Demonstranten ziehen sich zurück

Hunderte Demonstranten folgten der Aufforderung der Streitkräfte, das Gebiet um den Präsidentenpalast zu räumen. Einige Demonstranten blieben, wurden aber durch Stacheldraht auf Abstand gehalten.

Die Streitkräfte hatten nach dem Sturz Husni Mubaraks eine wichtige Rolle gespielt, als sie übergangsweise die Macht übernahm. Aus dem jetzigen Konflikt hatte es sich bislang aber herausgehalten. Dieser entzündete sich Ende November, als Mursi per Dekret seine Machtbefugnisse vor allem auf Kosten der Justiz erweiterte. Er rechtfertigte dies damit, dass nur so die Verabschiedung einer Verfassung gesichert werden könne, über die am 15. Dezember das Volk entscheiden soll. Mursis Gegner werfen ihm vor, de facto eine neue Diktatur aufzubauen und kritisieren, dass die Verfassung maßgeblich die Handschrift der islamistischen Muslimbrüder trage.

Regierung feilt an Kompromiss

Im Streit um die Verfassung schlug Vize-Präsident Mahmud Mekki der Opposition am Mittwoch einen Kompromiss vor. Vor dem geplanten Referendum könne eine Übereinkunft über Änderungen erzielt und diese Punkte schriftlich festgehalten werden, sagte Mursis Stellvertreter. Alle Beteiligten sollten das Dokument bis zur ersten Parlamentswahl im kommenden Jahr respektieren. Die Abgeordneten könnten dann formell über die Änderungsvorschläge abstimmen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte, der Verfassungsprozess solle dazu dienen, dass das ägyptische Volk geeinigt werde. "Zunehmend aber erleben wir, dass eine gesellschaftliche politische Spaltung damit verbunden ist. Das betrachten wir mit sehr großer Besorgnis." Die politischen Differenzen müssten in Ägypten im Dialog gelöst werden. "Die Herrschaft des Rechts und eine Politik, die alle gesellschaftlichen Gruppen einbezieht, ist es, was Ägypten jetzt braucht."

Quelle: ntv.de, rts/che

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen