Ausbildung in Afghanistan NATO plant den "Endzustand"
09.12.2009, 18:15 UhrDie Ausbildung von afghanischen Soldaten und Polizisten wird in den nächsten Monaten erheblich verstärkt werden. Dies ist das Ergebnis einer Truppenstellerkonferenz der 44 Staaten der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF.
Nach den neuen Zusagen werden im kommenden Jahr mindestens 150 Armee-Ausbildungsteams und 340 Polizei-Ausbildungsteams in Afghanistan arbeiten, sagte NATO-Sprecher James Appathurai in Brüssel. Derzeit gebe es lediglich 62 Armee-Teams und 16 Polizei-Teams. Die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte solle den Abzug der internationalen Truppen zu einem noch unbekannten Zeitpunkt ermöglichen. Mit der Übergabe von Sicherheitsverantwortung an die Afghanen solle Anfang des kommenden Jahres begonnen werden.
In Afghanistan sollen insgesamt zunächst 100.000 Polizisten und 136.000 Soldaten ausgebildet werden. Die NATO plane nicht ihren Abzug, sondern die Übergabe von Verantwortung, sagte Appathurai. "Irgendwann wird dieser Einsatz enden. Das ist klar", sagte der NATO-Sprecher. "Zu einem bestimmten Zeitpunkt werden immer weniger internationale Truppen benötigt. Aber uns geht es nicht um ein Enddatum sondern um einen Endzustand." Der Einsatz werde enden, wenn die Afghanen selbst für ihre Sicherheit sorgen könnten.
Nachdem die USA eine Verstärkung der ISAF um 30 000 Soldaten angekündigt hatten, haben die nichtamerikanischen ISAF-Partner zusätzliche 6800 Soldaten versprochen. Appathurai wollte keine Ländernamen nennen: 36 der 44 Staaten seien dabei. Deutschland hat mehrfach erklärt, es werde erst nach einer internationalen Afghanistan-Konferenz Ende Januar über sein weiteres Vorgehen in Afghanistan entscheiden.
Holbrooke will deutsche Soldaten
Der US-Sondergesandte für Afghanistan, Richard Holbrooke, warb für die Entsendung weiterer Bundeswehr-Soldaten an den Hindukusch. Gegenüber mehreren deutschen Medien räumte er zugleich Fehler bei der bisherigen Strategie für Afghanistan ein. Auf die Frage, ob die Bundesregierung lieber zusätzliche zivile Helfer oder mehr Soldaten schicken solle, antworte Holbrooke: "Schön wäre beides." Der US-Beauftragte für Afghanistan und Pakistan sagte, es sei "kein Problem", wenn Deutschland für eine derartige Entscheidung noch sechs Wochen brauche. Auch der Entscheidung der US-Regierung, 30.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu schicken, sei eine mehrmonatige Prüfung vorausgegangen.
"Wieder von vorne anfangen"
Holbrooke hatte unter anderem mit der "Süddeutschen Zeitung", dem ZDF, der "FAZ" und der "Berliner Zeitung" gesprochen. Der Sondergesandte kritisierte in den Interviews die bisherige internationale Afghanistan-Strategie. Ursprünglich sei geplant gewesen, dass sich die Deutschen um die Ausbildung der afghanischen Polizei, die Briten um den Kampf gegen den Drogenhandel und die Italiener um den Aufbau des Rechtssystems in Afghanistan kümmerten. "Das Ganze war unkoordiniert und hat uns nicht sonderlich weit gebracht", sagte der US-Gesandte. "Im Ergebnis fangen wir im neunten Jahr des Krieges wieder von vorne an."
Holbrooke lobte den Einsatz der Bundeswehr in Nordafghanistan. Die Lage dort werde "immer gefährlicher", so dass die deutschen Soldaten "unabkömmlich" seien. Der von der Bundeswehr angeforderte Luftangriff auf zwei Tanklastzüge nahe Kundus Anfang September habe allerdings "sehr geschadet", sagte Holbrooke. Allerdings äußerte er zugleich Verständnis für die Situation des deutschen Obersts, der die Bombardierung angefordert hatte. "Es ist schwer, in Sekundenbruchteilen Entscheidungen zu treffen, wenn man sich bedroht fühlt.
Die Entscheidung der USA, sich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf ihren Einsatz im Irak zu konzentrieren, bezeichnete Holbrooke als "Riesenfehler". "Jetzt müssen wir die Folgen tragen und das reparieren", fügte er hinzu.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa