Snowden soll nach Berlin NSA-Ausschuss verklagt sich selbst
26.09.2014, 17:30 Uhr
Die Opposition sieht Edward Snowden als wichtigen Zeugen in der Aufklärung der NSA-Spionage. Das Bundesverfassungsgericht soll nun die Bundesregierung dazu zwingen, Snowden nach Berlin zu holen.
(Foto: dpa)
Linke und Grüne wollen Edward Snowden in Berlin sehen. Weil sich Union und SPD wehren, muss nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Weitere Klagen sind absehbar.
Es ist ein krasser Vorwurf, den Linke und Grüne erheben. Die Bundesregierung sagt, dass sie nicht für die Sicherheit von Edward Snowden garantieren könne, wenn dieser nach Deutschland einreist. Die Opposition behauptet, dass sie in Wirklichkeit seine brisante Aussage verhindern möchte. "Die Opposition will Informationen, die Bundesregierung will sie geheim halten", sagt die Prozessbevollmächtigte, Astrid Wallrabenstein. Sie ist die Frau, die im Auftrag von Grünen und Linken vor das Bundesverfassungsgericht zieht und so die Regierung zwingen soll, Edward Snowden freies Geleit zu gewähren.
Kläger ist zum einen die Opposition als solche sowie die Bundestagsfraktionen, zum anderen aber auch die oppositionelle Minderheit im Untersuchungsausschuss. Und verklagt wird nicht nur die Bundesregierung, sondern auch der Ausschuss selbst. Der Untersuchungsausschuss wird also von seinen eigenen Mitgliedern verklagt.
Warum sollte eine Befragung problematisch sein?

Astrid Wallrabenstein vertritt als Prozessbevollmächtigte die Klage gegen die Bundesregierung und den NSA-Untersuchungsausschuss.
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Die Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht eine Vernehmung von Edward Snowden in Berlin erzwingt, gründet sich auf zwei Argumente. Erstens: Der Untersuchungsausschuss hat generell das Recht, Zeugen vorzuladen, und die Bundesregierung hat die Pflicht, die Befragungen möglich zu machen. Tut sie das nicht, muss sie dafür gute Gründe vorbringen. Dieser Grund ist angeblich, dass dadurch das Verhältnis zu den USA getrübt würde. "Aber von dem, was die Regierung bisher vorgebracht hat, bleibt nicht viel übrig", sagt die Juristin Wallrabenstein.
Zweitens: Die USA hätten ja gar nicht mitgeteilt, dass sie eine Befragung von Edward Snowden missbilligen. Entsprechend hat die Bundesregierung auch kein Problem damit, wenn er in Moskau befragt wird. Wenn aber das kein Problem sein soll, warum sollte dann eine Befragung in Berlin nicht möglich sein?
Das Verfassungsgericht wird abwägen, was schwerer wiegt: Der Schutz des deutsch-amerikanischen Verhältnisses oder die Informationen, die Edward Snowden liefern könnte. Der Grüne Konstantin von Notz sagt, dass noch immer der Überblick über die Tätigkeit der NSA fehlt. Das sei gerade am Vortag deutlich geworden, als ein BND-Mitarbeiter aussagte: Durch solche Zeugen erfahre man immer nur einen kleinen Ausschnitt – aus einer Abteilung, von einem Standort und aus einer abgegrenzten Zeitspanne.
Keine Beschränkung durch Regierung und NSA
Snowden dagegen habe sich lange mit dem Thema befasst, selbst im Herzen des amerikanischen Spionagesystems gearbeitet und könne einen Gesamteindruck geben. Notz' Kollege Hans-Christian Ströbele ergänzt, Snowden könne erheblich bei der Interpretation des von ihm stammenden geheimen Materials helfen.
Im Gegensatz zu den bisherigen Zeugen wäre Snowden auch keinen Aussagebeschränkungen unterworfen. Das macht es für die Regierung besonders brisant: Die deutschen Zeugen mussten sich bislang alle an enge Vorgaben der Bundesregierung halten, die amerikanischen Zeugen hatten entsprechende Anweisungen von der NSA.
Die Klage soll nun auch ein Zeichen dafür sein, dass sich die Opposition im Untersuchungsausschuss keine zu krassen Beschränkungen gefallen lässt. Und es muss nicht die letzte Klage sein. Denn Linke und Grüne monieren auch, dass sie Akten zu spät bekommen, diese an zu vielen Stellen geschwärzt sind und in Teilen ganz fehlen. Im Prinzip sei alles, was wirklich interessant wäre, für den Untersuchungsausschuss nicht einsehbar, sagt Notz. "Die Sache geht weit über die Frage nach Edward Snowden hinaus", sagt die Linken-Politikerin Martina Renner. "Es geht darum, dass wir als Bundestag die Geheimdienste kontrollieren – und nicht umgekehrt."
Quelle: ntv.de