"Wie in der Kaffeepause im Büro" Nahles fordert neue Sprache in der SPD
22.10.2017, 11:24 Uhr
"Die Menschen brauchen keine Floskeln, sondern Antworten", findet SPD-Fraktionschefin Nahles.
(Foto: dpa)
48 Prozent - das ist die Zahl, von der die SPD sprach, wenn es um ein gerechtes Rentenniveau ging. Doch was hat sie zu bedeuten? SPD-Fraktionschefin Nahles will eine klare und emotionalere Sprache in ihrer Partei. Die verzeichnet unterdessen viele neue Mitglieder.
Die SPD hat trotz der Niederlage bei der Bundestagswahl mehrere Tausend Mitglieder hinzugewonnen. Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.) verzeichnete die Partei allein seit dem 24. September knapp 4160 Online-Beitritte. Seit Anfang des Jahres gab es demnach sogar mehr als 25.000 Neumitglieder. Die SPD ist mit rund 442.800 Anhängern nach wie vor die mitgliederstärkste Partei in Deutschland.
Bettina Hagedorn, seit zehn Jahren Vize-Landesvorsitzende der SPD Schleswig-Holstein und seit 15 Jahren Mitglied des Deutschen Bundestages, sagte der F.A.S., es sei keineswegs der Charme der Partei selbst, sondern die Entwicklungen in Amerika und der Brexit, "was gerade junge Leute antreibt, mitzutun und nicht länger im Sessel zu sitzen". Früher sei es allerdings so gewesen, dass viele der neuen SPD-Mitglieder die Partei wieder verließen, "weil wir keine Angebote für sie gemacht haben". Das dürfe sich nicht wiederholen, so Hagedorn.
"Oft viel zu technisch"
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles fordert derweil eine neue Sprache in ihrer Partei. "Wir müssen als SPD an unserer Sprache arbeiten. Sie muss klarer und emotionaler sein, so wie in der Kaffeepause im Büro gesprochen wird", sagte Nahles der "Bild am Sonntag".
Die in der Partei gebräuchliche Sprache sei "oft viel zu technisch". Als Beispiel nannte sie, dass die SPD immer nur die Zahl 48 Prozent genannt habe, als es um ein gerechtes Rentenniveau ging. "Damit können die Menschen nichts anfangen", räumte Nahles ein.
Die Fraktionschefin stört sich auch an dem in der SPD beliebten Begriff der "kleinen Leute". Dieser Begriff behandele die Menschen von oben herab. "Die Menschen brauchen keine Floskeln, sondern Antworten auf ihre konkreten Probleme und berechtigten Sorgen", sagte Nahles. Deshalb habe sie als eines ihrer ersten Projekte im Amt der Fraktionsvorsitzenden die Aktion "Fraktion im Dialog" angestoßen. Abgeordnete würden im November wieder raus auf die Straße und von Tür zu Tür gehen. "Das darf nicht nur im Wahlkampf stattfinden."
Das Rentenniveau bezeichnet das Verhältnis zwischer Standardrente und Durchschnittseinkommen der Erwerbstätigen im selben Jahr. Während das Rentenniveau aktuell rund 48 Prozent des Durchschnittseinkommens beträgt, soll es laut Rentenbericht der Bundesregierung bis 2030 schrittweise auf 44,5 Prozent sinken. Ein sinkendes Rentenniveau bedeutet allerdings nicht, dass auch die Rente sinkt. Gekoppelt an die Lohnentwicklung stieg sie erst zum 1. Juli 2017 in Westdeutschland um 1,9 Prozent, im Osten des Landes um 3,59 Prozent. Bis 2029 sagt der Rentenbericht voraus, dass die Renten im Durchschnitt um 2,1 Prozent jährlich steigen.
Quelle: ntv.de, asc/dpa