Kampf um Israels rechtes Lager Netanjahu schließt Zwei-Staaten-Lösung aus
16.03.2015, 20:46 Uhr
Auftritt vor passender Kulisse: Am Tag vor der Wahl spricht Netanjahu vor einer israelischen Baustelle im besetzten Westjordanland.
(Foto: REUTERS)
Israels Ministerpräsident Netanjahu ist kurz vor den Wahlen in den Umfragen zurückgefallen. Um das rechte Lager zu mobilisieren, hat er sein ohnehin zögerliches Bekenntnis zur Zwei-Staaten-Lösung zurückgezogen - mit deutlichen Worten.
Unmittelbar vor der Parlamentswahl in Israel vollzieht Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Kehrtwende in seiner Palästinenser-Politik und gibt die Zwei-Staaten-Lösung auf. "Wer auch immer die Schaffung eines Palästinenser-Staates möchte oder den Abzug aus Gebieten fordert, überlässt einfach nur diese Gebiete für die Angriffe islamistischer Terroristen auf Israel", sagte er dem Nachrichtenportal NRG.
Auf die Frage, ob damit die Gründung eines palästinensischen Staates im Falle seiner Wiederwahl ausgeschlossen sei, erklärte er: "Genau". Damit rückt Netanjahu in der bislang deutlichsten Form von der Zwei-Staaten-Lösung ab, auf die er sich selbst - wenn auch mit Einschränkungen - in einer Grundsatzrede 2009 verpflichtet hatte. Die USA und die EU sehen in einer Zwei-Staaten-Lösung die einzige tragfähige Lösung für den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern.
Linke wirft Netanjahu Panikmache vor
Netanjahu liegt in Umfragen knapp hinter dem Mitte-Links-Bündnis "Zionistische Union". Das Bündnis aus Arbeitspartei und der liberalen Partei von Ex-Außenministerin Zipi Livni befürwortet die Wiederbelebung der Friedensverhandlungen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Arbeitsparteichef Isaac Herzog und Livni werfen Netanjahu vor, die Angst vor radikalen Palästinensern und dem iranischen Atomprogramm zu thematisieren, um im Wahlkampf von sozialen Fragen abzulenken.
Netanjahu will mit seiner Absage an einen Palästinenser-Staat offenbar die Unterstützung ultrarechter Wähler in Israel gewinnen. Die Aussage richtet sind insbesondere an die Wählerschaft der Siedlerpartei seines bisherigen Wirtschaftsministers Naftali Bennett, der Netanjahus Likud-Partei Umfragen zufolge viele Wähler im rechten Lager streitig macht.
Netanjahu hatte sich nach seinen Amtsantritt in seiner Grundsatzrede an der Tel Aviver Bar-Illan-Universität zu Verhandlungen über einen eigenen palästinensischen Staat bekannt und dafür Bedingungen genannt, beispielsweise einen entmilitarisierten Status Palästinas. Ihm war jedoch - unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen westlichen Verbündeten - immer wieder vorgeworfen worden, in der Realität die Friedensverhandlungen etwa durch den Siedlungsbau im Westjordanland zu torpedieren. Andere führende Vertreter aus Netanjahus Likud-Partei und Minister seiner Regierung hatten die Gründung eines palästinensischen Staates im Westjordanland immer vollständig abgelehnt.
Quelle: ntv.de, mbo/rts