Sarkozy bleibt unnachgiebig Neue Massenproteste in Frankreich
19.10.2010, 10:22 Uhr
Seit Tagen protestieren die Gewerkschaften gegen die geplante Rentenreform.
(Foto: dpa)
Die Gewerkschaften geben nicht auf: Einen Tag vor der Abstimmung über die Anhebung des Rentenalters wollen sie noch einmal den Druck auf Präsident Sarkozy und die Regierung erhöhen. Mit Streiks und Großkundgebungen soll die Reform in letzter Minute verhindert werden. Sarkozy macht allerdings klar, dass er zu keinen Änderungen bereit ist.
Zwei Tage vor der erwarteten Abstimmung im Senat über die Rentenreform wird in Frankreich wieder massiv gestreikt. Insbesondere beim Schienen- und Flugverkehr wird heute mit zahlreichen Ausfällen und Verspätungen gerechnet. Landesweit soll rund ein Drittel aller Flüge gestrichen werden, auf dem Pariser Großflughafen Orly sogar 50 Prozent. Zudem sind neue Massenkundgebungen geplant. Die Behörden dürften ihr Augenmerk auch auf Handgreiflichkeiten und Randale richten, die am Montagabend bereits sporadisch in einigen Städten ausgebrochen waren.
Autofahrer sorgen sich zudem weiter um Benzinnachschub. Die Gewerkschaft CGT erklärte am Dienstag an, alle zwölf Raffinerien des Landes würden ihren Streik fortsetzen. Zahlreiche Tankstellen im ganzen Land werden wegen der Streiks nicht mehr beliefert. Websites informieren, an welchen Tankstellen es noch Benzin gibt. Auch die Fahrer gepanzerter Geldtransporter, die die Automaten mit Bargeld bestücken, wollen sich dem Streik anschließen.

Vor allem Fahrgäste im Nah- und Fernverkehr müssen sich heute auf Behinderungen einstellen.
(Foto: Reuters)
In der Stadt Le Mans brannte am frühen Vormittag eine Schule ab, die zuvor bereits blockiert worden war. Der Bürgermeister vermutete Brandstiftung. In Nanterre bei Paris kam es erneut zu Ausschreitungen zwischen Jugendlichen und Sicherheitskräften.
Harte Fronten
Die Fronten im Streit um die Reform des Rentensystems sind verhärtet: Die Gewerkschaften haben angekündigt, ihre Protestes fortzusetzen, auch wenn das französische Parlament die Änderungen diese Woche wie erwartet beschließen sollte. Präsident Nicolas Sarkozy bekräftigte am Montagabend nach Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel im Küstenort Deauville in der Normandie, an dem Gesetz festzuhalten. "Die Reform ist wichtig und Frankreich steht zu ihr und wird sie auf den Weg bringen genauso wie unsere deutschen Partner das getan haben", sagte Sarkozy. Auch Merkel hatte an die Franzosen appelliert, zu akzeptieren, dass ein längeres Leben auch bedeute, länger zu arbeiten.
In Frankreich haben die Gewerkschaften bereits zwei Mal - in den Jahren 1995 und 2006 - mit langwierigen Protesten eine Rentenreform verhindert. Den derzeitigen Plänen zufolge sollen die Franzosen künftig frühestens mit 62 Jahren statt bisher mit 60 Jahren in Rente gehen können. Die volle Rente können Franzosen dann erst mit 67 statt wie bisher mit 65 beziehen. Die Mehrheit der Franzosen unterstützt die Proteste gegen die Reform.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP