Gutscheine statt Bares Niederlage für Niebel
17.06.2007, 08:24 UhrDie FDP hat dem Betreuungsgeld für die Erziehung von Kindern zuhause eine klare Absage erteilt und damit ihrem Generalsekretär Dirk Niebel eine Abstimmungsniederlage zugefügt. Zum Abschluss ihres Stuttgarter Parteitages beschlossen die Liberalen am Sonntag mit großer Mehrheit, die Auszahlung von Betreuungsgutscheinen für Kleinkinder in Bargeld auszuschließen. Niebel hatte diese Möglichkeit gefordert. Die Delegierten plädierten dafür, die Erhebung der Erbschaftsteuer den Ländern zu überlassen. Außerdem forderten sie die Aufnahme der Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz.
Griff in die Mottenkiste
Parteichef Guido Westerwelle wiederholte zum Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 in der DDR seine Attacken gegen die neue Partei Die Linke. "Deutschland braucht keine weiteren sozialistischen Großversuche", sagte er und kündigte weitere Angriffe gegen die Linke an: "Hier ist klare Kante gefragt." Westerwelle fuhr fort: "Der Sozialismus hat nicht nur in der Geschichte, sondern auch in der Gegenwart immer erst die Wirtschaft verstaatlicht und dann das Denken".
Kapitalgedeckte Vorsorge
Mit einem Leitantrag zur Sozialpolitik versuchte die FDP erneut, gegen ihr Image der sozialen Kälte anzugehen. Er wurde mit klarer Mehrheit gebilligt. Die Liberalen werben darin für ein flexibles Rentenalter und eine Umwandlung der Pflegeversicherung in eine kapitalgedeckte Vorsorge. Niebel forderte die Bundesregierung auf, rechtzeitig vor der nächsten Konjunkturkrise die Weichen für eine Reform des Arbeitsmarktes und der Sozialsysteme zu stellen. Es dürfe keinen "Anspruch auf die Finanzierung von Faulheit" geben, betonte er.
Gutscheine statt Bares
Beim Passus zum Betreuungsgeld brüskierten die FDP-Mitglieder allerdings ihren Generalsekretär. "Wir Liberalen dürfen die konservative Politik einer CSU, eines Herrn Stoiber in Bayern, nicht unterstützen", warnte die stellvertretende Parteivorsitzende Cornelia Pieper. Die Mehrheit der Delegierten stellte sich in der Sache hinter sie. Das Betreuungsgeld wirke wie eine Erhöhung des Kindergeldes, kritisierten mehrere Redner. Es könne nicht kontrolliert werden, ob das Geld in die Ausbildung des Kindes oder in den Konsum der Eltern fließe.
Die CSU knüpft die geplante Einführung eines Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung ab dem Jahr 2013 an die Einführung des Betreuungsgelds für Eltern, die Kinder nicht in Krippen geben wollen. Die FDP fordert stattdessen Betreuungsgutscheine, die die Eltern vor Ort einlösen können.
Harmonie bei Erbschaftssteuer
Der erwartete Streit über die von vielen Liberalen geforderte Abschaffung der Erbschaftsteuer blieb weitgehend aus. Die Mehrheit der Delegierten stellte sich hinter einen Antrag des Vorstands, der einen Übergang der Steuer in die Hoheit der Länder fordert. Die knapp vier Milliarden Euro Einnahmen aus der Steuer pro Jahr stehen schon heute allein den Ländern zu. Die Freibeträge gelten allerdings bundeseinheitlich.
Finanzexperte Hermann Otto Solms kritisierte, dass diese Praxis keine Rücksicht auf das unterschiedliche Preisniveau in den einzelnen Regionen nehme und damit die Erben unterschiedlich belaste. So könnten auf dem Land ein oder zwei Häuser unversteuert vererbt werden, während der Freibetrag in München vielleicht nur eine Einliegerwohnung unter dem Dach abdecke. In Ostdeutschland wiederum seien die Erlöse mit zusammen gut 60 Millionen Euro so gering, dass der Verwaltungsaufwand dafür nicht lohne. Hier liege eine Abschaffung nahe.
Quelle: ntv.de