Politik

Kim will Industriepark schließen Nordkorea stellt Kaesong infrage

Durch den Industriekomplex Kaesong kommt Nordkorea an wertvolle Devisen.

Durch den Industriekomplex Kaesong kommt Nordkorea an wertvolle Devisen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Trotz der Feindschaft zwischen Nord- und Südkorea arbeiten die beiden Staaten wirtschaftlich zusammen. Tag für Tag überqueren Menschen die Grenze, um im nordkoreanischen Kaesong arbeiten zu gehen. Viele Firmen aus dem Süden lassen hier ihre Produkte fertigen. Diktator Kim zieht nun, nach einer bemerkenswerten Eskalation der Kriegrhetorik, auch diese Karte.

Nach den jüngsten Kriegsdrohungen hat Nordkorea auch die Schließung des gemeinsam mit Südkorea betriebenen Industrieparks in der nordkoreanischen Grenzstadt Kaesong angedroht. Ein Sprecher des Komplexes warf Südkorea vor, "ernsthaft unsere Würde" zu verletzen. Südkorea würde behaupten, dass Nordkorea die Einrichtung nur betreibe, weil diese eine Devisenquelle für das Land sei, wurde der Sprecher von den Staatsmedien zitiert.

Wenn sich Südkorea weiter so verhalte, werde der Komplex geschlossen. "Tatsache ist, dass die südkoreanischen kleinen und mittelgroßen Unternehmen vom Kaesong-Industriekomplex profitieren." Kaesong ist Nordkoreas fünftgrößte Stadt. Die Sonderwirtschaftszone am Rand des Ortes wurde im Jahr 2002 eingerichtet.

Trotz der Zuspitzung der Spannungen auf der koreanischen Halbinsel ließ das kommunistische Land bisher weiter südkoreanische Pendler ein- und ausreisen. Tag für Tag, außer sonntags, überqueren Hunderte Südkoreaner auf dem Weg nach Kaesong die Grenze. In dem weithin abgeschirmten Industriekomplex arbeiten über 50.000 Arbeiter aus Nordkorea für mehr als 120 südkoreanische Unternehmen.

Bislang noch kein Angriffsbefehl

Schon zuvor hatten die Kriegsdrohungen Nordkoreas eine neue Eskalationsstufe erreicht. Das Regime in Pjöngjang erklärte, das Land sei im Verhältnis zu Südkorea in den "Kriegszustand" eingetreten. Jede Angelegenheit zwischen beiden Staaten werde ab sofort "nach den Vorschriften für Kriegszeiten" behandelt, hieß es in der von den Staatsmedien verbreiteten gemeinsamen Erklärung der Regierung, der herrschenden Arbeiterpartei und anderer Organisationen. Der Dauerkonflikt mit Südkorea und den USA hatte sich in den vergangenen Wochen erheblich verschärft.

Von einem Angriffsbefehl wurde jedoch zunächst nichts bekannt. Das nordkoreanische Militär warte weitere Befehle von Machthaber Kim Jong Un ab, hieß es. Kims "wichtige Entscheidung" sei ein Ultimatum gegen feindliche Kräfte. Das Regime in Pjöngjang unterstellte den USA und Südkorea erneut, mit ihren gemeinsamen Militärübungen Vorbereitungen für einen Atomkrieg zu treffen.

Am Freitag hatte Nordkoreas Machthaber nach Berichten der staatlichen Medien per Befehl die strategischen Raketen des Landes für mögliche Angriffe in Bereitschaftsstellung versetzt. Der Befehl wurde als Reaktion auf Übungsflüge zweier Tarnkappenbomber der US-Luftwaffe über Südkorea verstanden.

Seoul erwidert Kriegsrhetorik

Die koreanische Halbinsel befindet sich seit dem Ende des Korea-Kriegs von 1950 bis 1953 völkerrechtlich ohnehin noch immer im Kriegszustand. Ein Friedensvertrag wurde bis heute nicht geschlossen. Nach Ansicht von Beobachtern setzt Nordkorea bewusst auf eine Verschärfung der Spannungen, um die USA zu Verhandlungen zu zwingen. Das Land wolle zudem als Atommacht anerkannt werden.

Südkoreas Regierung reagierte auf die jüngste Erklärung des kommunistischen Nachbarlandes gelassen. Sie stelle "keine wirklich neue Drohung" dar, hieß es in einer offiziellen Stellungnahme in Seoul. Sie sei in einer Reihe der jüngsten Drohungen des Nordens einzuordnen. Die Regierung nannte dabei die Ankündigung Nordkoreas vor einigen Tagen, die Truppen seien in Gefechtsbereitschaft versetzt worden.

Das Verteidigungsministerium in Seoul warnte Nordkorea erneut vor militärischen Provokationen. Südkorea werde strikt zurückschlagen. Es seien aber keine Anzeichen für eine unmittelbar bevorstehende Provokation in Nordkorea zu erkennen gewesen, hieß es aus Militärkreisen. Am Freitag hatten südkoreanische Medien unter Berufung auf Militärs berichtet, dass an den Raketenstützpunkten im Nachbarland seit einigen Tagen auffällige Bewegungen von Fahrzeugen und Soldaten zu beobachten sehen.

Pjöngjang droht mit Atomschlag

Russland rief alle Konfliktparteien zur "Zurückhaltung" auf. "Natürlich können uns die Spannungen an unserer östlichen Grenze nicht kaltlassen", sagte der Sondergesandte des Außenministeriums, Grigori Logwinow, der Agentur Interfax. Das Außenamt in Moskau schätze die Lage als "sehr angespannt und gefährlich" ein.

Der Zustand, dass auf der koreanischen Halbinsel weder Frieden noch Krieg herrsche, sei beendet, hieß es in Pjöngjang. Jede Provokation in der Nähe der Landes- und Seegrenze mit Südkorea werde in einen "umfassenden Konflikt und einen Atomkrieg" münden. Erneut wurden auch die direkten Drohungen gegen die USA bekräftigt. Als mögliche Ziele wurden das Festland der USA, Hawaii und Guam sowie die in Südkorea stationierten US-Truppen genannt.

Die Spannungen auf der Halbinsel hatten sich seit dem dritten nordkoreanischen Atomtest im Februar deutlich verschärft. Der UN-Sicherheitsrat hatte die Sanktionen gegen Pjöngjang ausgeweitet.

BND sieht Gefahr "einer regionalen Eskalation"

Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte vor einer Eskalation der Krise auf der koreanischen Halbinsel. "Auch wenn die Bilder und Töne aus Nordkorea vielen wie aus der Zeit gefallen erscheinen: Das alles ist eine ernste Gefahr für den Frieden in der ganzen Region", schreibt der FDP-Politiker in einem Gastkommentar für die "Bild"-Zeitung. Gemeinsam mit den Partnern arbeite man daran, "dass das Regime in Pjöngjang einlenkt und seine Drohungen und das völkerrechtswidrige Atomwaffenprogramm einstellt".

Der Chef des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND, Gerhard Schindler, geht nicht davon aus, dass das nordkoreanische Regime auf einen Krieg aus ist. "Nordkorea zeichnet sich gerade durch eine besondere Aggressionsrhetorik aus. Das ist jedoch nicht völlig neu", sagte der Präsident des Bundesnachrichtendienstes der Zeitung "Bild am Sonntag". "Wir gehen davon aus, dass Nordkorea keinen Krieg will." Die Gefahr "einer regionalen Eskalation" sehe er aber sehr wohl.

Quelle: ntv.de, dpa

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