NSU-Prozess im kleinen Rahmen OLG München versteht Kritik nicht
15.03.2013, 12:31 Uhr
Der Gerichtssaal ist nach Meinung von Kritikern zu klein.
(Foto: dpa)
Dem NSU werden zehn rassistisch motivierte Morde an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin zur Last gelegt. Der Prozess darum gilt als einer des wichtigsten in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Doch die Münchner Justiz bleibt bei ihren bisherigen Umbauplänen für den Gerichtssaal.
Einen Monat vor Beginn des Terrorprozesses um die NSU-Mordserie hat das Münchner Oberlandesgericht jede Kritik an der Auswahl des Gerichtssaals zurückgewiesen. Einen größeren Saal als den Schwurgerichtssaal A 101 gebe es nicht, und ein Ausweichen auf Messe-, Kongress- oder Hotelsäle scheide aus rechtlichen Gründen und wegen Sicherheitsbedenken aus, sagte OLG-Präsident Karl Huber in München.
"Wir sind dafür verantwortlich, dass dieses Verfahren sicher durchgeführt werden kann." Kein anderer Saal sei so gut gegen Angriffe von außen gesichert. Zudem könne ein Wechsel in ein Audimax oder eine Stadthalle ein Revisionsgrund sein.
Opfer kaum sichtbar
Anwälte der Nebenkläger hatten besonders kritisiert, dass die Bedürfnisse der Opferfamilien in dem Prozess kaum berücksichtigt würden. Stephan Lucas und Jens Rabe, die die Familie von Enver Simsek, dem ersten Mordopfer der Neonazi-Terroristen vertreten, äußerten bei der Vorstellung des Buches von Semiya Simsek in der vergangenen Woche die Befürchtung, dass die Angehörigen der Opfer wegen möglicher Kapazitätsprobleme nicht am Prozess teilnehmen können. Lucas kritisierte, dass die Zeugen weit entfernt von Medien und Nebenklägern sitzen sollen.
Auch die Projizierung der Zeugenaussagen auf eine Videoleinwand im Saal habe das Gericht abgelehnt. Die OLG-Sprecherin Margarete Nötzel hatte dazu dem Bayerischen Fernsehen gesagt: "Das ist kein Public Viewing, das ist ein Strafverfahren." Die Anwälte betonten ihren Eindruck, dass der NSU-Prozess nicht wie eine herausragende Strafsache behandelt werde. Deutschland habe aus der vorbildlichen Offenheit, mit der Norwegen den Prozess gegen Anders Behring Breivik geführt habe, nichts gelernt.
Keine Rücksicht auf Türkei
Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags hatte nach einem Besuch in der Türkei beim Gericht um eine Sitzplatzreservierung für den türkischen Botschafter in Berlin sowie den Menschenrechtsbeauftragten des türkischen Parlaments gebeten. Auch diese Bitte lehnte der Vorsitzende Richter jedoch ab.
Ab dem 17. April muss sich die einzige Überlebende des Neonazi-Trios, Beate Zschäpe, zusammen mit vier mitangeklagten mutmaßlichen Helfern des NSU vor dem Oberlandesgericht München verantworten. Der Mammutprozess wird bis zum nächsten Jahr dauern. Schon seit längerem gibt es Kritik an der Justiz in München, weil trotz des weltweiten Interesses aus Sicherheitsgründen ein Saal gewählt wurde, in den nur etwa fünfzig Journalisten und fünfzig Zuhörer passen.
Quelle: ntv.de, sba/dpa