Islamisierung Ägyptens verhindern Opposition will weiter kämpfen
09.12.2012, 21:37 Uhr
Die Proteste vor dem Kairoer Präsidentenpalast gehen weiter.
(Foto: AP)
Ägyptens Präsident Mursi macht seine umstrittenen Sondervollmachten rückgängig, hält aber am Verfassungsreferendum am kommenden Samstag fest. Die Opposition lässt aber nicht locker: Sie will mit weiteren Protesten gegen die befürchtete Islamisierung des Landes vorgehen.
Die ägyptische Opposition hat für Dienstag zu Massenprotesten gegen das geplante Verfassungsreferendum aufgerufen. "Wir erkennen den Verfassungsentwurf nicht an, denn er gibt nicht den Willen des ägyptischen Volkes wieder", sagte ein Sprecher des größten Oppositionsbündnisses, der liberal-säkularen Nationalen Heilsfront, in Kairo. Die Islamisten veröffentlichten umgehend einen Gegenaufruf.
Die Heilsfront rufe für Dienstag zu Protesten in der Hauptstadt und in den Provinzen "zum Zeichen der Ablehnung der Entscheidung des Präsidenten" auf, erklärte der Sprecher der Nationalen Heilsfront, Sameh Atschur, nach einem Treffen des Bündnisses. Die Heilsfront ist die größte ägyptische Oppositionskraft, sie ist ein Bündnis liberaler und linker Parteien.
Die islamistischen Muslimbrüder riefen für Dienstag zu Gegendemonstrationen unter dem Motto "Ja zur Legitimität und Ja zum nationalen Konsens" auf. Präsident Mohammed Mursi will am kommenden Samstag über den in einem Eilverfahren durchgesetzten Verfassungsentwurf, der in den Augen der Opposition die Islamisierung Ägyptens vorantreibt, abstimmen lassen. Seit Tagen protestiert die Opposition gegen den Präsidenten, dabei gab es teils tödliche Zusammenstöße.
Mursi: Verschiebung der Abstimmung unzulässig
Die Nationale Heilsfront unter Vorsitz des Friedensnobelpreisträgers Mohammed ElBaradei war zusammengekommen, um nach der Annullierung eines umstrittenen Verfassungsdekrets Mursis über ihre Position zu diskutieren. Sie hatte die Annullierung des Dekrets gefordert, mit dem der islamistische Staatschef eigenmächtig seine Befugnisse erweitert hatte. Zudem trat sie für eine Verschiebung des Referendums ein. Mursi hatte am Samstag zwar eingewilligt, das Dekret aufzuheben, hielt aber am Termin für die Volksabstimmung fest.
Oppositionsführer ElBaradei erklärte vor dem Treffen der Nationalen Heilsfront, "eine Verfassung, die unsere Rechte und Freiheiten einschränkt, werden wir stürzen". Laut Mursi wäre die von der Opposition geforderte Verschiebung der Abstimmung unzulässig, da sie laut Gesetz zwei Wochen nach Übergabe der Verfassung an den Präsidenten stattfinden müsse. Dies war am 1. Dezember geschehen, nachdem die von den Islamisten dominierte Verfassungsversammlung den Text im Eilverfahren ratifiziert hatte. Für den Fall einer Ablehnung des Textes in dem Referendum sagte Mursi die Wahl einer neuen Verfassungsversammlung zu.
Am Wochenende flogen mehrere F-16-Kampfflugzeuge in geringer Höhe über Kairo. Ein Militärsprecher war für eine Erklärung nicht gleich verfügbar. Auch während der Proteste im Januar 2011, die zum Sturz des langjährigen Machthabers Husni Mubarak führten, waren wiederholt Kampfflugzeuge im Tiefflug über die Hauptstadt gedonnert. Das Militär hatte am Samstag mit einem Eingreifen gedroht, sollte ein Dialog zwischen den Parteien keinen Erfolg haben. Zudem wurde eine hohe Betonmauer errichtet, um den Präsidentenpalast abzuriegeln.
Quelle: ntv.de, AFP