Sozialisten demonstrieren Einigkeit Papandreou hat das Vertrauen
22.06.2011, 07:39 Uhr
Erste Hürde gemeistert: Papandreou (rechts) und sein Finanzminister Venizelos.
(Foto: AP)
Die griechische Regierung gewinnt die Vertrauensabstimmung im Parlament. Dabei kann sich Ministerpräsident Papandreou jedoch nur auf die Abgeordneten seiner Partei verlassen. Die Entscheidung gilt als wichtiger Schritt für die Rettung des Euro-Landes vor dem Bankrott. Jetzt muss aber noch das Sparpaket durch das Parlament. Die Proteste in Athen bleiben bislang weitgehend friedlich.
Die griechische Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat die Vertrauensabstimmung im Parlament gewonnen. Nach Angaben von Parlamentspräsident Filippos Petsalnikos sprachen in der Nacht 155 Abgeordnete dem Regierungschef und seinem neuen Kabinett das Vertrauen aus. Das entspricht exakt der Anzahl an Mandaten, über die Papandreous sozialistische Partei PASOK im insgesamt 300 Abgeordnete zählenden Parlament in Athen verfügt. Insgesamt 143 Parlamentarier verweigerten Papandreou das Vertrauen.

Papandreou kann sich bei der Abstimmung nur auf seine eigene Fraktion verlassen.
(Foto: dpa)
Die Parlamentarier gaben Papandreou damit Rückendeckung für seine Sparmaßnahmen. Diese sind dringend nötig, um eine neue Auszahlung von internationalen Notkrediten in Höhe von 12 Milliarden Euro zu erhalten. Nur so kann Griechenland eine drohende Staatspleite verhindern. Für Ende Juni ist die Abstimmung im Parlament über den Sparkurs vorgesehen.
Nach der Abstimmung ging ein sichtlich erleichterter Papandreou durch den Plenarsaal, schüttelte seinen Abgeordneten lächelnd die Hände. Dann verschwand der Regierungschef kommentarlos.
"Wir werden diesen Krieg gewinnen"
Noch am Abend hatte er hatte seine Landsleute vor dem Votum in einer leidenschaftlichen Rede aufgefordert, ihre patriotische Pflicht zu tun. Das Land dürfe nicht bankrottgehen und müsse unabhängig bleiben. "Heute wird uns geholfen. Es ist aber unsere Pflicht, auf eigenen Beinen zu stehen", sagte Papandreou im Parlament in Athen. Ursachen der Krise seien Versäumnisse der Griechen. "Wenn die Griechen sich nicht entscheiden, alles zu ändern, wird das Land nie aus der Krise kommen", sagte er.

Oppositionschef Samaras sah keinen Grund, die Regierung zu stützen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Finanzminister Evangelos Venizelos appellierte: "Wir sind ein stolzes historisches Volk. Wir werden es schaffen, aus der Enge herauszukommen. Wir werden diesen Krieg gewinnen", sagte er im Parlament.
Antonis Samaras, Vorsitzender der oppositionellen konservativen Nea Demokratia, will zwar mit den anderen politischen Kräften Griechenlands kooperieren, um das Land aus der Krise zu führen. Das Vertrauen seiner Partei hätten die regierenden Sozialisten aber nicht. "Das Sparprogramm führt nirgendwo hin. Das Medikament ist gefährlicher als die (Finanz)Krankheit", warnte Samaras.
Nur noch drei Wochen zahlungsfähig
Papandreou berief bereits für heute eine Sitzung des Kabinetts ein. Kommende Woche müssen die Abgeordneten erneut abstimmen, dann geht es um das 78 Milliarden Euro schwere Sparprogramm. Der genaue Termin steht noch nicht fest. Auch diese Abstimmung gilt als kritisch, da die EU vorher keine weitere Kredittranche an Athen überweisen will. Das Land hat nur noch bis Mitte Juli Geld.
Erleichterung in Brüssel und Berlin

EU-Kommissionspräsident Barroso (hier mit Papandreou) reagierte erleichtert auf die Nachricht aus Athen.
(Foto: picture alliance / dpa)
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wertete die Vertrauensabstimmung als "gute Nachricht für Griechenland und die Europäische Union". Mit dem Votum für Papandreou sei "ein Element der Unsicherheit aus einer ohnehin schwierigen Situation" entfernt worden. Nun könne sich Papandreou voll darauf konzentrieren, Unterstützung für sein ehrgeiziges Sparprogramm zu sammeln.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich optimistisch, dass Griechenland doch noch gerettet werden kann. "Wir werden alles tun, dass der Euro als Ganzes stabil bleibt", sagte sie in Warschau. Deutschland sei zur Solidarität mit Griechenland bereit, wenn Athen die geforderten Einsparungen beschließe.
Zur Bewältigung der Krise kommt die EU-Kommission Athen auch mit europäischen Fördergeldern entgegen. Geld aus den milliardenschweren EU-Töpfen zur Regionalförderung soll - unabhängig von den Euro-Rettungspaketen - schneller ausgezahlt werden. "Ich werde den EU-Gipfel bitten, Griechenland besser zu unterstützen", sagte Barroso in Brüssel.
Roth: "Beschlüsse reichen nicht aus"
Der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Roth, macht für die Krise in Griechenland und in anderen Euro-Ländern auch die deutsche Bundesregierung mit verantwortlich. "Merkel hat zu lange laviert, sie ist ihrer Führungsverantwortung nicht gerecht geworden", sagte Roth bei n-tv. Deutschland habe immer neue Rettungspakete geschnürt, die an der Wurzel des Übels vorbeigehen. "Was wir jetzt in Griechenland brauchen, sind eben nicht nur massive Einsparungen, sondern wir brauchen vor allem auch Wachstum, um die wirtschaftliche Lage in Griechenland zu stabilisieren."
Für Roth steht fest, dass es ohne einen Schuldenschnitt nicht mehr gehen wird. Griechenland habe schon massiv eingespart und müsse jetzt einen Haushaltsüberschuss von acht Prozent erwirtschaften, um überhaupt die Schulden finanzieren zu können. "Das ist keinem Land auf der Welt bislang gelungen. Insofern müssen wir Griechenland entlasten", so Roth in dem Gespräch. Das, was bisher die Staats- und Regierungschefs auf europäischer Ebene beschlossen oder auch nur diskutiert hätten, reiche bei Weitem nicht aus.
Dax zieht wieder an
Trotz der positiven Nachrichten aus Athen ist der Dax mit leichten Verlusten in den Handel gestartet. Mit dem Rückhalt des Parlaments sei der am Vortag gefasste Mut der Investoren belohnt worden, sagten Börsianer. Der Markt habe nun die Gelegenheit, die kräftigen Gewinne vom Dienstag zu konsolidieren. Auch beim Euro waren leichte Gewinnmitnahmen zu beobachten, er kostete 1,4374 Dollar nach 1,4399 Dollar zum New Yorker Vortagesschluss.
Demonstranten bleiben meist friedlich

Vor dem Parlament demonstrierten zehntausende Griechen gegen den von der Regierung geplanten Sparkurs.
(Foto: AP)
Nach der Rückendeckung des Parlaments für einen härteren Sparkurs sind die Proteste in Athen weitgehend friedlich geblieben. Bis auf einige Jugendliche verließen die mehr als 20.000 Demonstranten den Platz vor dem Abgeordnetenhaus, ohne dass es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei kam. Einsatzkräfte benutzten am frühen Mittwochmorgen Tränengas, um eine kleine Gruppe Jugendlicher zu vertreiben, die ausharrten. Berichte über Verletzte oder Festnahmen lagen zunächst nicht vor.
Der Verlauf der Proteste gilt als Gradmesser für die Chancen der Regierung, das Sparprogramm in den kommenden Wochen durchs Parlament zu bringen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP