Politik

Israel lernt von Deutschland Parlament hebt Sperrklausel für Wahlen an

Blick auf den Felsendom.

Blick auf den Felsendom.

(Foto: picture alliance / dpa)

Für kleine arabische Parteien wird es in Israel künftig schwerer, ins Parlament einzuziehen. Die Abgeordneten der Mitte-Rechts-Regierung verabschiedeten nach "deutschem Vorbild" den ersten von drei umstrittenen Gesetzentwürfen.

Das israelische Parlament hat die Sperrklausel für Parlamentswahlen angehoben. Demnach benötigen kleinere Parteien künftig 3,25 statt bislang 2,0 Prozent der Stimmen, um in die Knesset einzubeziehen. Für den Gesetzentwurf stimmten 67 der 120 Abgeordneten. Das neue Gesetz schreibt außerdem nur noch 18 Ministerämter fest. Es erschwert zudem den Sturz einer Regierung durch ein Misstrauensvotum.

Die Opposition boykottierte die Abstimmung. Sie protestierte damit unter anderem gegen den Fraktionszwang im Regierungslager. Außerdem befürchtet sie, dass kleinere - und dabei vor allem arabische Parteien - an einer höheren Sperrklausel bei Parlamentswahlen scheitern könnten. Um künftig eine Vertretung in der Knesset zu haben, müssten sich kleinere Parteien wohl trotz erheblicher politischer Differenzen auf eine gemeinsame Liste einigen.

Lernen aus "Weimarer Verhältnissen"

Für die Anhebung der Sperrklausel stand die deutsche Demokratie Pate. Deren hohe Sperrklausel von 5 Prozent garantiert, dass nur große Parteien ins Parlament einziehen, während extremistische Ränder der Gesellschaft ausgeschlossen bleiben. In Deutschland sollte eine Wiederholung der "Weimarer Verhältnisse" verhindert werden. Jahrelang gab es im Bundestag nur drei Parteien: eine linke und eine rechte Volkspartei, sowie Liberale mit der Rolle des "Züngleins an der Waage".

In Israel bedeutet die Anhebung der Sperrklausel, dass künftig die kleinste im Parlament vertretene Fraktion mindestens vier Abgeordnete entsendet und nicht nur zwei, wie bisher.

In der heutigen 19. Knesset gibt es zwölf Fraktionen. Gemäß dem neuen Gesetz hätten lediglich zwei Fraktionen, nämlich die Kadima und die kommunistisch-arabische "Nationale demokratische Vereinigung", die 3,25-Prozent-Hürde nicht geschafft. Die Änderung hätte also keinen wirklich dramatischen Wandel bewirkt.

Der designierte Ministerpräsident muss auch künftig eine Koalition mit mehreren Parteien für die notwendige Regierungsmehrheit eingehen. Genau das sollte eigentlich verhindert werden, um Erpressung durch Randgruppen auszuschalten.

Keine wöchentlichen Misstrauensanträge mehr

Das jetzt in dritter Lesung angenommene Gesetz enthält auch die von Deutschland abgeschaute Methode des "konstruktiven Misstrauensvotums". Das wäre ein Segen für Israels chaotische Innenpolitik. Denn bisher machte die Opposition mit fast wöchentlichen Misstrauensanträgen ein geregeltes Regieren unmöglich. Minister mussten auf Auslandsreisen und Urlaub verzichten oder vorzeitig abbrechen und Verpflichtungen absagen, um an Abstimmungen in der Knesset teilzunehmen. Denn eine zufällige Mehrheit der Opposition hätte jederzeit die Regierung aus nichtigem Anlass stürzen können. Um künftig der Regierung das Misstrauen auszusprechen, wird die Opposition die Zustimmung von 61 Abgeordneten vorweisen und einen alternativen Regierungschef präsentieren müssen.

Wehrpflicht für Orthodoxe

Das Parlament will an diesem Mittwoch und Donnerstag über zwei weitere strittige Gesetzentwürfe abstimmen. Das erste Gesetz soll eine Wehrpflicht für strengreligiöse Männer regeln. Das zweite schreibt ein Referendum vor, falls Israel im Zuge einer Friedenslösung mit den Palästinensern eigene Gebiete austauschen will.

Alle drei Gesetzentwürfe sind auch innerhalb der Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu umstritten. Die Koalitionsparteien vereinbarten dennoch, dass sie geschlossen für jeden der drei Anträge stimmen sollten.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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