Ehemaliger Top-Politiker wird zum Zwerg Peking demütigt Bo Xilai
22.08.2013, 17:47 Uhr
Der 1,85 Meter große Bo im Gerichtssaal.
(Foto: AP)
In China beginnt der Prozess gegen den ehemaligen Spitzenpolitiker Bo. Wie sorgsam die Parteiführung das Verfahren orchestriert, zeigen die Fotos aus dem Gerichtssaal. Auf ihnen erscheint Bo klein und unbedeutend - obwohl er für chinesische Verhältnisse ziemlich groß ist.
Der einstige chinesische Politikstar Bo Xilai steht vor Gericht. Der Skandal um den Top-Funktionär hält das Land seit mehr als einem Jahr in Atem, und so stößt der Prozess innerhalb Chinas auf große Resonanz. Da erstaunt es nicht, wie sorgfältig das Verfahren inszeniert wird. Die Presse ist in dem Prozess nicht zugelassen. Das Gericht berichtet auf einem Blog im Internet über den Verlauf.
Die Führung in Peking gibt sich dabei außerordentlich große Mühe, die öffentliche Wahrnehmung zu beeinflussen. Deutlich wird das an den ersten Fotos, die nach der Verhaftung Bos veröffentlicht worden sind.
Dort ist der Politiker zu sehen, wie er im offenen weißen Hemd mit leicht gesenktem Kopf vor seinem Richter steht, die Arme vor dem Körper verschränkt – als ob er Handschellen tragen würde. Links und rechts von ihm verharren zwei Polizisten aufrecht, in tadelloser Uniform den Blick starr geradeaus gerichtet.
Bo schrumpft
Auf diese Weise orchestrierte Fotos aus dem Gerichtssaal sind in China üblich, um den Angeklagten in der Wahrnehmung herabzusetzen. Und doch erstaunt das Bild. Denn Bo wird von den beiden Polizisten überragt, obwohl er ein recht großer Mann ist. Er misst immerhin etwa 1,85 Meter und ist demnach mehr als zehn Zentimeter größer als der chinesische Durchschnittsmann.
Damit er zwischen den beiden Polizisten so klein wirkt, müssen die beiden Beamten daher etwa 1,95 Meter messen. Ein Zufall ist unwahrscheinlich, sie wurden wohl absichtlich ausgewählt. Es ist auch möglich, dass sie auf einer Erhöhung stehen – doch auch dahinter würde Berechnung stecken.

Auf diesem im Januar 2012 aufgenommen Foto überragt der in der Mitte stehende Bo sein Umfeld.
(Foto: REUTERS)
Das Kleinmachen des gefallenen Politikers folgt einem in China verbreiteten Muster. Als Bo noch in Amt und Würden war, überragte er auf Fotos die ihn umgebenden Menschen in der Regel. Doch nun wird ein Bild von ihm verbreitet, das ihn klein und machtlos zeigt.
Der rasante Aufstieg des ambitionierten 64-Jährigen und sein noch schnellerer Fall stehen für einen der schwersten Machtkämpfe in der Partei seit Jahrzehnten. Bo Xilai war wegen seiner Sozialpolitik als Parteichef der 30-Millionen-Metropole Chongqing zum Hoffnungsträger der linken Kräfte aufgestiegen. Dabei hatte er sich mit seinen "roten Kampagnen" am Gründer der Volksrepublik China und "Großen Vorsitzenden" Mao Tsetung orientiert.
Aber dann packte Anfang vergangenen Jahres sein einstiger Vertrauter Wang Lijun aus - über Korruption und den Giftmord von Bo Xilais Frau Gu Kailai an dem britischen Geschäftsmann Neil Heywood. Sie war im August vergangenen Jahres zu einer Todesstrafe verurteilt worden, die Vollstreckung wurde aber ausgesetzt. Eine solche Strafe wird in China meist in lebenslange Haft umgewandelt.
Haftstrafe erwartet
Noch immer genießt Bo Xilai bei vielen Chinesen im Milliardenreich großes Ansehen. Außerdem besitzt er einen besonderen Status als Sohn des Revolutionsveteranen Bo Yibo, der zu den "Acht Unsterblichen" der Partei gehörte.
Hinter den Kulissen dürfte in Chinas staatlich gelenktem Rechtssystem das Urteil schon lange gefällt sein - in Absprache mit der Parteiführung. "Es wird nicht zu streng, aber auch nicht zu milde ausfallen", sagt Professor Zhang Ming von der Volksuniversität. Sein Tipp: 15 Jahre Haft.
Quelle: ntv.de, mit dpa