Überfall wegen Asylplänen? Politiker verurteilen Angriff auf Bürgermeister
30.09.2016, 17:02 Uhr
		                      (Foto: dpa)
Sechs Polizisten sollen die Sicherheit einer Versammlung im schleswig-holsteinischen Oersdorf gewährleisten. Als der Bürgermeister zu seinem Auto geht, wird er niedergeschlagen - wohl wegen seiner Asylpläne. Politiker zeigen sich empört.
Ein Angriff auf den Bürgermeister der schleswig-holsteinischen Gemeinde Oersdorf hat für Empörung gesorgt. Ein unbekannter Täter hatte den 61-jährigen Joachim Kebschull am Rande einer Versammlung im Gemeindehaus mit einem Knüppel oder Kantholz niedergeschlagen und ihn verletzt. Danach floh er. Die Tat könnte im Zusammenhang mit Drohungen wegen einer zeitweise geplanten Unterbringung von Flüchtlingen stehen.
Die Landespolitik in Schleswig-Holstein reagierte schockiert. Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt kritisierte: "Das darf nicht passieren. Demokratie muss wehrhaft sein." Ehrenamtliche Gemeindevertreter und Bürgermeister müssten ohne Angst arbeiten können. Auf die Frage eines möglicherweise rechtsextremen Hintergrunds ging Studt nicht näher ein.
CDU-Landeschef Ingbert Liebing sprach von einem "kriminellen Akt". Die Vorsitzende der Grünen, Eka von Kalben, bezeichnete den Übergriff als "abscheulich", der FDP-Landtagsfraktionschef Wolfgang Kubicki nannte die Tat "ein hinterhältiges, feiges Attentat". Leider sei dies kein Einzelfall. "Es gibt bedauerlicherweise Menschen, die ihre Grenzen nicht mehr kennen."
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) forderte die Innenminister der Länder auf, sich auf ihrer nächsten Konferenz mit Übergriffen auf Gemeindevertreter zu befassen. Die Länder müssten gemeinsam eine Strategie entwickeln, um Kommunalpolitiker besser schützen zu können, sagte DStGB-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg im Südwestrundfunk.
Staatsschutz übernimmt
Die Veranstaltung, bei der sich der Angriff ereignete, fand aufgrund der vorangegangenen Bedrohungen bereits unter Polizeischutz statt. Sechs Beamte seien an dem Gemeindehaus in Oersdorf gewesen, teilten die Ermittler mit. Der Bürgermeister ging aber noch einmal zu seinem Auto, um ein Notebook zu holen. Der Wagen stand demnach außerhalb des Sichtbereichs der Polizisten, was der Täter ausnutzte.
Ermittler eines Staatsschutzkommissariats übernahmen den Fall. Es sei bislang aber nicht erwiesen, dass der Angriff mit den Drohungen zusammenhänge, die seit Juli wiederholt bei Kebschull und der Gemeinde eingegangen seien, betonte die Polizei: "Auch im vorliegenden Fall betrachten wir ernsthaft und gründlich alle in Frage kommenden Motive, diese können auch außerhalb möglicher fremdenfeindlicher Hintergründe liegen."
Nach Angaben der Beamten bezogen sich die Hassbotschaften auf Pläne zur Unterbringung von Flüchtlingen in einem Wohnhaus in der kleinen Gemeinde, die inzwischen aber ohnehin vom Tisch seien. Kebschull wurde vom Täter auf einem Parkplatz nahe dem Gemeindehaus an seinem Auto abgepasst und mit einem Schlag auf den Kopf niedergestreckt. Ein Notarzt versorgte das Opfer, das danach stationär in ein Krankenhaus aufgenommen werden musste.
Quelle: ntv.de, rpe/dpa/AFP