Tumulte wegen Stuttgart 21 Polizei beendet Dach-Blockade
26.08.2010, 12:05 Uhr
Maskierte Beamte einer Spezialeinheit holen die Demonstranten vom Dach.
(Foto: dpa)
Die Abrissarbeiten am denkmalgeschützten Bahnhof in Stuttgart müssen kurzzeitig unterbrochen werden, weil Demonstranten das Gebäude besetzt halten. Die Gegner des Großprojekts Stuttgart 21 wollen eine Dauerblockade errichten. Doch die Polizei beendet die Aktion - und holt die Blockierer vom Dach.

Am Mittwoch hatte ein Bagger mit dem Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes begonnen.
(Foto: REUTERS)
Die Polizei hat die Besetzung des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofs beendet. Die sieben Demonstranten wurden mit Händen auf dem Rücken von Spezialeinheiten vom Dach des Gebäudes heruntergeführt. Die Aktivisten hatten zu Beginn der Hauptabrissarbeiten das Dach erklommen und seither ihren Platz nicht verlassen. Wegen ihres Protests gegen das milliardenteure Bahnprojekt Stuttgart 21 mussten die Arbeiten am Seitenflügel des alten Bahnhofs zeitweise ruhen.
Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech kritisierte die Form der Proteste scharf. "Es geht auch nicht, dass Züge behindert, Rettungskräfte gestört, Straßen blockiert und die Innenstadt lahmgelegt wird", erklärte er. "Das hat nichts mehr mit demokratischem Protest zu tun, hier werden die Grenzen eindeutig überschritten." Die Gegner müssten die demokratischen Entscheidungen akzeptieren und einsehen, dass der Protest viel zu spät komme, Unfrieden und Zwietracht säe.
Am Morgen hatte die Polizei angekündigt, sie wolle ihre Präsenz wieder verstärken. Bei dem 4,1 Milliarden Euro teuren Projekt Stuttgart 21 wird der Kopfbahnhof in eine unterirdische Durchgangsstation umgewandelt. Diese soll mit einem Tunnel an den Flughafen und an die Schnellbahnstrecke nach Ulm angebunden werden.
Bahnstrecke lahmgelegt
Bereits am Mittwochabend hinderten Demonstranten im Bahnhof für rund eine Stunde einen TGV-Schnellzug in Richtung Paris an der Abfahrt. Die Bundespolizei sperrte aus Sicherheitsgründen die daneben liegenden Gleise ab. Es kam zu Verspätungen im Bahnverkehr. Zudem gab es in der Stadt zahlreiche Staus durch Blockaden an drei großen Kreuzungen und zwei Bundesstraßen.
Nach Ansicht der Polizei haben die Proteste am Mittwoch "ihren friedlichen Charakter verloren". Feuerwehr und Rettungskräfte seien behindert und bedrängt sowie Besucher eines Weinfestes mit Eiern beworfen worden. Zudem seien aus Gruppen von Straßenblockierern Flaschen geflogen. "Dies hat mit verständlichen Protesten sowie zivilem Ungehorsam bei weitem nichts mehr zu tun", klagte Polizeipräsident Siegfried Stumpf.
Protest am Time Square

"Schwabenstreich": Demonstranten aus Deutschland protestieren am Mittwoch auf dem Time Square in New York gegen "Stuttgart 21".
(Foto: dpa)
Die Initiatoren der Proteste weisen die Vorwürfe zurück. "Generell versucht die Politik, uns über die Polizei zu kriminalisieren", sagte Matthias von Herrmann, Sprecher der sogenannten Parkschützer. Alles sei friedlich geblieben. Nach seinen Angaben demonstrierten am Mittwoch rund 12.000 Menschen in der Stadt, die Polizei sprach von 6000. Am Morgen harrten immer noch "ein paar hundert Demonstranten" aus, wie ein Sprecher sagte.
Bei dem 4,1 Milliarden Euro teuren Vorhaben wird der Kopfbahnhof in eine unterirdische Durchgangsstation umgewandelt, mit einem unterirdischen Ring an die Zulaufstrecken und mit einem Tunnel an den Flughafen und die Schnellbahnstrecke nach Ulm angebunden. Seit Wochen protestieren tausende Menschen gegen das Milliardenprojekt. Am Mittwochabend sogar auch in New York: Knapp zehn Deutsche demonstrierten mit Trillerpfeifen und Gegröle auf dem Times Square gegen das Bauvorhaben. Der sogenannte Schwabenstreich fiel damit allerdings deutlich kleiner aus als von Initiator Volker Lösch erhofft. Er hatte mit 20 bis 50 Teilnehmern gerechnet.
Quelle: ntv.de, dpa