"Realtest-Koffer" in Namibia Polizei nimmt Offizier fest
20.11.2010, 18:42 UhrNach dem falschen Bombenalarm in Namibia wird der Leiter der dortigen Flughafensicherheitspolizei verhaftet. Er gesteht, den "Realtest-Koffer" auf einem Gepäckband platziert zu haben. Zu einem Motiv für die "schändliche Tat" oder einem möglichen Auftraggeber gibt es noch keine Angaben.
Wenige Tage nach dem Fund einer vermeintlichen Kofferbombe mit Zielort Deutschland ist in Namibia der Chef der Flughafensicherheitspolizei festgenommen worden. Dem Mann werde vorgeworfen, das verdächtige Gepäckstück auf dem Flughafen der Hauptstadt auf ein Gepäckband gelegt zu haben, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums unter Berufung auf die namibische Polizei mit. Nach Angaben von Namibias Polizeichef Sebastian Haitota Ndeitunga hat der Offizier bereits ein Geständnis abgelegt.
Der Polizeichef sprach in Windhuk von einem Durchbruch. Der Mann sei am Freitagmittag festgenommen worden. Man sei ihm durch die Auswertung der Videoaufnahmen im Flughafengebäude auf die Schliche gekommen, sagte Ndeitunga. Der Verdächtige habe im Verhör anfangs alles abgestritten, später aber zugegeben, die Laptop-Tasche mit der Bombenattrappe in der Flughafenhalle platziert zu haben. Zu einem Motiv für die "schändliche Tat" oder einem möglichen Auftraggeber habe er sich noch nicht geäußert, so Ndeitunga.
Der Verdächtige ist den Angaben zufolge ein hoher Offizier, der seit fünf Jahren im Polizeidienst ist. Es sei nun wichtig festzustellen, mit wem er zusammengearbeitet habe, sagte der Polizeichef. Am Montag solle der Mann dem Haftrichter vorgeführt werden. Erst dann werde man seinen Namen bekanntgeben.
Keine deutsche Beteiligung
In Berlin erklärte das Bundesinnenministerium, Beamte des Bundeskriminalamtes stünden mit der namibischen Polizei in engem Kontakt. Es liege jetzt in der Verantwortung der namibischen Behörden, die weiteren Ermittlungen zu führen. Er bekräftigte, deutsche Behörden seien an der Platzierung des verdächtigen Gepäckstücks in der namibischen Hauptstadt Windhuk nicht beteiligt gewesen.
Polizeichef Ndeitunga betonte, dass Nambia die Tat sehr ernst nehme und deutete an, dass der Verhaftete durchaus in fremdem Auftrag gehandelt haben könnte. "Dies ist kein Aprilscherz. (...) Wir sind ein souveräner Staat. Wir können es nicht zulassen, dass jemand hierherkommt, um so etwas zu tun, ohne die Behörden zu informieren", sagte er.

Auch auf den Bahnhöfen wird jedes herrenlose Gepäckstück kritisch unter die Lupe genommen.
(Foto: dpa)
Das Gepäckstück mit der für Sicherheitstests gebauten Bombenattrappe war am Mittwoch auf dem Flughafen Windhuk gefunden worden. Es wurde in einer Flughafenhalle entdeckt, in der zuvor das für einen Air-Berlin-Flug nach München bestimmte Gepäck gelagert war. Als Hersteller dieses sogenannten Realtest-Koffers wurde die Firma Larry Copello Incorporated aus den USA ausgemacht.
Verstimmung bei Air Berlin
Air Berlin äußerte sich verwundert über die Umstände des mutmaßlichen Bombenattrappen-Tests. Ein derartiges Vorgehen sei "sehr ungewöhnlich", sagte eine Sprecherin der Fluggesellschaft der "Frankfurter Rundschau". So sei für Air Berlin bis zum Freitag völlig unklar gewesen, ob es sich um einen realen Anschlagsversuch oder um einen Test gehandelt habe und wer der Urheber gewesen sei. Die Aktion habe erhebliche Unregelmäßigkeiten im Betrieb der Fluggesellschaft verursacht.
Die Sprecherin führte aus, nach einem zweiten Komplett-Check der Maschine und aller Passagiere habe die daher verspätete Maschine in Djerba zwischenlanden müssen, weil die Crew ihr arbeitsrechtliches Zeitkontingent überschritten hatte. Mit sechs Stunden Verspätung sei die Maschine schließlich in München gelandet.
Nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" herrscht in Unternehmenskreisen zudem Unverständnis über das Verhalten des Bundeskriminalamtes (BKA). Das BKA habe am Donnerstag mit einer Meldung über "ein sicherheitsrelevantes Ereignis im internationalen Luftverkehr" Befürchtungen genährt, es sei ein Anschlag auf die Air-Berlin-Maschine geplant gewesen und hatte von einer "Verladung des Gepäcks in einen Airbus der Fluggesellschaft LTU/Air Berlin" gesprochen. "Das Gepäckstück hatte keine Identifikation, war nicht für uns bestimmt und sollte nicht in unsere Maschine verladen werden", sagte die Air-Berlin-Sprecherin.
Fehlalarm in Rostock
Unterdessen sorgte ein Bombenverdacht am Flughafen Rostock-Laage am Freitagabend für Aufregung. Ein Sensor hatte bei der Überprüfung der Computer-Tasche einer 45-jährigen Frau automatisch Alarm ausgelöst. Der gesamte Flughafenbereich wurde abgesperrt, die Frau in Gewahrsam genommen. Später stellte sich heraus, dass der verdächtige Stoff TGM-3, der sowohl in Sprengstoffen als auch in Kosmetika Verwendung findet, vermutlich von Haarspray-Rückständen stammte. Die Frau wurde wieder freigelassen, ihr Flug ins türkische Antalya war da aber schon weg.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP