Straßenschlachten in Pakistan Polizist und Fahrer getötet
21.09.2012, 17:00 Uhr
In Bangladeschs Hauptstadt Dhaka.
(Foto: REUTERS)
Am Tag der Freitagsgebete gibt es bei Protesten gegen das Mohammed-Video bereits zwei Tote und zahlreiche Verletzte. Aus Angst vor einer Eskalation der Unruhen riegelt die Polizei die Hauptstadt Islamabad ab. Auch im indischen Teil Kaschmirs kommt es zu Ausschreitungen. Gespannte Ruhe herrscht in Deutschland.
In Pakistan sind bei gewalttätigen Protesten gegen das islamfeindliche Schmähvideo zwei Menschen ums Leben gekommen, zahlreiche weitere wurden verletzt. Wie der Sender "DawnNews" berichtet, starb bei Unruhen in der südlichen Hafenstadt Karachi ein Polizist. Tausende Demonstranten hätten dort versucht, zum US-Konsulat zu marschieren und sich heftige Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Zuvor war im nördlichen Peshawar bereits ein Fahrer eines Fernsehsenders getötet worden.
Aus Angst vor einer Eskalation der Unruhen riegelte die Polizei die Hauptstadt Islamabad ab. Dort durchbrachen allerdings nach Medienberichten Hunderte aufgebrachte Muslime mehrere Absperrungen rund um das Regierungsviertel. In dem Bereich liegen in einem zusätzlich gesicherten Areal auch westliche Botschaften. Zahlreiche Polizisten und Demonstranten seien verletzt worden. Innenminister Rehman Mailk erklärte, die Armee stünde zum Eingreifen bereit.
Auch in der ostpakistanischen Stadt Lahore lieferten sich Hunderte Demonstranten Straßenschlachten mit Sicherheitskräften. Politische und religiöse Gruppen haben in ganz Pakistan zu Protesten gegen den islamfeindlichen Mohammed-Film nach den Freitagsgebeten aufgerufen.
Premierminister Raja Pervez Ashraf hatte den Freitag zum landesweiten Feiertag zu Ehren des Propheten Mohammed erklärt. Der Film aus den USA, in dem der Prophet Mohammed verunglimpft wird, sei die "schlimmste Art von Bigotterie", sagte Ashraf. Das habe nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Gleichzeitig forderte er die Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen dazu auf, Wege zu finden, um Äußerungen zu verbieten, die "Hass schüren und die Saat der Zwietracht säen".
USA versuchen Wogen zu glätten

Zehntausende Muslime protestieren in Bangladesch gegen die Verunglimpfung Mohammeds.
(Foto: REUTERS)
Die USA ist derweil um Deeskalation bemüht. In Pakistan laufe auf sieben Fernsehsendern ein Spot, in dem sich Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton von dem Video distanzierten, sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums in Washington. In dem kurzen Beitrag sagt Obama, die Vereinigten Staaten seien ein Land, das seit seiner Gründung alle Glaubensrichtungen akzeptiere. Die USA hätten mit dem islamfeindlichen Video nichts zu tun.
Proteste auch in Malaysia
In Malaysia waren nach Polizeischätzungen etwa 5000 Menschen vor der US-Botschaft und einer nahe gelegenen Moschee aufgezogen. Die Botschaft war in Erwartung der Proteste am Morgen geschlossen worden. Regierungschef Najib Razak bezeichnete das Video als "tief verletzend", rief seine Landsleute aber auf, Ruhe zu bewahren und dafür zu sorgen, dass die Proteste nicht in Gewalt ausarten.
"Mehr als je zuvor muss jeder von uns dazu beitragen, dass wir uns alle um mehr Respekt, Toleranz und gegenseitiges Verständnis bemühen, um in Harmonie leben zu können", sagte er. In Indonesien waren gepanzerte Polizeifahrzeuge vor der aus Sicherheitsgründen geschlossenen US-Botschaft aufgefahren.
Spannung auch in Deutschland
Nach dem Aufrufen zu Demonstration gegen das Schmähvideo bereitet sich auch in Deutschland die Polizei auf einen Großeinsatz vor. So wird die für den Nachmittag in Freiburg angekündigte Veranstaltung mit bis zu 800 Teilnehmern von einem starken Aufgebot an Beamten begleitet. Grund sei die nach Veröffentlichung des Videos weltweit angespannte Sicherheitslage, so ein Sprecher. Die Polizei gehe aber davon aus, dass in Deutschland alles friedlich bleibe. Weitere Aktionen waren in Münster, Hannover und Cuxhaven geplant.
Moscheen in Göttingen beschmiert
Derweil hat in Göttingen ein junger Mann zwei Moscheen und die Räume eines islamischen Vereins mit Mohammed-Karikaturen beschmiert. Als Täter nahm die Polizei einen 26-Jährigen fest. Er sprühte außerdem Schweineköpfe mit Turban an die Wände der muslimischen Einrichtungen. Der Täter gab die Schmierereien zu. Ob seine Taten im Zusammenhang mit dem umstrittenen Islam-Video stehen, ist aber unklar. Die Motive des Mannes seien noch offen, sagte der Polizeisprecher. Die Feuerwehr beseitigte die islamfeindlichen Symbole inzwischen. Den 26-Jährigen erwartet nun ein Strafverfahren wegen Sachbeschädigung.
Katholiken wollen Video-Verbot
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken sprach sich für ein Verbot der öffentlichen Aufführung des Mohammed-Schmähvideos aus. "Im Sinne einer wehrhaften Demokratie und des Schutzes des Gemeinwohls halte ich ein Verbot der öffentlichen Vorführung für richtig und notwendig", schreibt ZdK-Präsident Alois Glück in einer Kolumne für die Boulevardzeitung "tz". Zudem möchte er Fanatiker, die gewalttätig gegen den Mohammed-Schmähfilm demonstrieren, nicht mit dem Islam als Religionsgemeinschaften gleichgesetzt wissen. "Der Islam ist keine einheitliche und geschlossene Welt", schrieb Glück.
Video bleibt auf YouTube
Eine US-Schauspielerin, die an dem Film "Unschuld der Muslime" mitgewirkt hatte, scheiterte mit dem Versuch, das Schmähvideo von der Internet-Plattform YouTube entfernen zu lassen. Ein Gericht in Kalifornien lehnte ihren Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung ab, wie die "Los Angeles Times" berichtete.
Klägerin Cindy Lee Garcia hatte am Mittwoch auch den mutmaßlichen Produzenten des Streifens, den radikalen koptischen Christen Nakoula Basseley Nakoula, verklagt. Sie wirft im Betrug, Verleumdung und Zufügung seelischer Schmerzen vor. Nakoula habe ihr gegenüber behauptet, er arbeite an einem Abenteuerfilm, der im alten Ägypten spielen solle.
Die Proteste gegen den Film hatten am Dienstag vergangener Woche in Ägypten und Libyen begonnen. Bei einem Angriff auf das US-Konsulat im ostlibyschen Bengasi wurden Botschafter Chris Stevens und drei weitere Amerikaner getötet. Erstmals bezeichnete die US-Regierung die Tat nun als Terrorismus. Es sei offensichtlich, dass die Tötung Stevens auf das Konto von Terroristen gehe, sagte Regierungssprecher Jay Carney in Washington. Die Ermittler hätten bislang aber keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um einen länger geplanten Terrorakt gehandelt haben könnte. Vielmehr hätten die Täter die Gelegenheit des Augenblicks genutzt.
Quelle: ntv.de, dpa