Parlamentswahl im Libanon Pro-westliche Kräfte gewinnen
08.06.2009, 08:01 UhrBei der Parlamentswahl im Libanon hat die pro-westliche Fraktion gewonnen. Sie erhält 71 der 128 Sitze im Parlament. 57 Sitze erhielt die Opposition unter Führung der Hisbollah.
Die pro-westliche Fraktion um den Sunniten Saad Hariri hat die Parlamentswahl im Libanon gewonnen. Wie Innenminister Ziad Barud in Beirut bekanntgab, errang die Hariri-Fraktion 71 der insgesamt 128 Sitze. 57 Sitze entfielen auf die vom Iran und von Syrien unterstützte Allianz der Opposition unter Führung der schiitischen Hisbollah.
Vertreter des unterlegenen Lagers forderten dennoch eine Neuauflage der Regierung der nationalen Einheit. Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass die pro-westliche Fraktion den Oppositionellen ohne weiteres erneut so viele Kabinettsposten zugestehen wird, dass diese Gesetzesvorhaben blockieren könnten.
Niederlage mit "Sportsgeist"
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah gestand die Niederlage ein. Während Israel die umgehend Entwaffnung der Schiitenmiliz forderte, bekräftigte ein Hisbollah-Abgeordneter, dass der bewaffnete Widerstand gegen das südliche Nachbarland "nicht verhandelbar" sei.
Nasrallah sagte im Fernsehen, er akzeptiere das Wahlergebnis mit einer demokratischen Einstellung und mit "Sportsgeist". Die Opposition habe ihr Gewicht im Parlament erhalten, fügte er hinzu. Auch der wichtigste christliche Verbündete der Hisbollah gestand die Niederlage ein. Die alte Koalition habe gewonnen, sagte ein Sprecher der Freien Patriotischen Bewegung.
Höhere Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung lag am Sonntag bei mehr als 55 Prozent und damit um etwa zehn Prozentpunkte höher als bei der Wahl von 2005. "Diese Wahlen haben keinen Gewinner oder Verlierer, weil der einzige Gewinner die Demokratie ist und der größte Gewinner ist der Libanon", sagte Hariri in der Wahlnacht. Er rief seine Anhänger auf, den Gegner nicht durch provokative Siegesfeiern zu reizen.
Um die 128 Sitze, die jeweils zur Hälfte von Muslimen und Christen besetzt werden müssen, hatten sich 587 Kandidaten beworben. Nach blutiger Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten im Frühjahr 2008 hatten sich die Parteien auf die Bildung einer Einheitsregierung geeinigt.
Mut zur Demokratie
US-Präsident Barack Obama gratulierte den Libanesen zum friedlichen Verlauf der Parlamentswahl. Die hohe Beteiligung an der Abstimmung wie auch die Kandidaten seien "der bislang deutlichste Hinweis auf den Wunsch der Libanesen nach Sicherheit und Wohlstand", hieß es in einer Mitteilung. "Wieder einmal hat das libanesische Volk der Welt seinen Mut und die Stärke seines Bekenntnisses zur Demokratie demonstriert." Die USA unterstützten weiterhin einen souveränen und unabhängigen Libanon.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier begrüßte das Wahlergebnis: "Ich appelliere an alle Akteure im Land, den Weg der Versöhnung und des Ausgleichs weiter fortzusetzen und Gewalt und Terror keinen Nährboden zu geben."
Erleichterung in Israel
Das israelische Außenministerium erklärte, die neue Regierung in Beirut müsse alles tun, damit der Libanon nicht als Sprungbrett für Gewalt gegen Israel benutzt werde. Sie werde für alle militärischen oder feindlichen Aktivitäten verantwortlich gemacht, die von ihrem Boden gegen Israel ausgingen. Die israelische Regierung forderte das Nachbarland außerdem auf, den Waffenschmuggel in den Libanon zu stoppen. Das Wahlergebnis wurde von der israelischen Regierung mit großer Erleichterung aufgenommen, wie der israelische Rundfunk berichtete. Ein Wahlsieg des Hisbollah-Blocks hätte ein ernsthaftes Problem für Israel bedeutet, zitiert der Sender Regierungsbeamte.
Israel und die Hisbollah hatten 2006 im Sommer 34 Tage lang Krieg gegeneinander geführt. Damals starben 160 Israelis und 1200 Libanesen. Seit Kriegsende soll die Hisbollah ihre Raketenarsenale mit iranischer Hilfe wieder aufgestockt haben.
Lage beruhigen
Der ägyptische Präsident Husni Mubarak gratulierte Hariri und Ministerpräsident Fuad Siniora telefonisch zu ihrem Wahlsieg. Er hoffe, dass der Dialog zwischen den beiden großen Blöcken fortgesetzt werde, um die Lage im Libanon zu stabilisieren, sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur MENA.
Auch die Regierung von Saudi-Arabien zeigte sich zufrieden mit dem Wahlergebnis. Informationsminister Abdelasis Chodscha sagte, es sei gut, dass die rivalisierenden Kräfte in Beirut nun alle um eine Beruhigung der Lage bemüht seien.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa