Guttenbergs Plagiatsaffäre Professoren verlangen Rücktritt
01.03.2011, 07:37 Uhr
Mit seinem Verhalten bringt Verteidigungsminister Guttenberg viele Wissenschaftler in Rage.
(Foto: dapd)
Immer mehr Wissenschaftler empören sich öffentlich über Verteidigungsminister Guttenberg. "Wissenschaftliches Fehlverhalten ist kein Kavaliersdelikt und darf nicht als solches behandelt werden", sagt die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz. Der Bayereuther Juraprofessor Lepsius fordert wie andere Kollegen Guttenbergs Rücktritt.
In der Plagiatsaffäre um die Doktorarbeit von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wird die Kritik aus der Professorenschaft immer lauter. Der Bayreuther Jura-Professor Oliver Lepsius hält einen Rücktritt des Verteidigungsministers für unerlässlich. "Er kann eine zweite Chance haben. Die muss er sich aber erarbeiten, die fällt ihm nicht in den Schoß", sagte der Professor im ZDF: "Eine zweite Chance kriegt Herr zu Guttenberg nur durch seinen Rücktritt." Kanzlerin Angela Merkel sicherte Guttenberg aber weiter Unterstützung zu.
Die Wissenschaft könne sich mit diesem Verhalten nicht abfinden, sagte Lepsius. "Wenn keine Konsequenzen gezogen werden, eben auch von der Kanzlerin, von der Bundesregierung, dann ist das Verhältnis von Wissenschaft und Politik nachhaltig gestört. Es entsteht durch diese Affäre ein Flurschaden, der noch ungeahnte Ausmaße haben kann."
Doktorvater rückt ab
Am Montag hatte sich auch Guttenbergs Doktorvater an der Universität Bayreuth, Professor Peter Häberle, wegen schwerer Mängel von der Arbeit seines Doktoranden distanziert. Die Aberkennung des Doktortitels sei die notwendige Folge gewesen. Dass er die Vorwürfe erst zurückgewiesen hatte, sei vorschnell gewesen, hieß es in einer Erklärung des emeritierten Professors.
Die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Margret Wintermantel, die im Namen der über 400 deutschen Universitätsrektoren spricht, sagte der "tageszeitung": "Wissenschaftliches Fehlverhalten ist kein Kavaliersdelikt und darf nicht als solches behandelt werden." Ein so aufsehenerregender Vorgang wie der Fall Guttenberg sende ein besonders nachhaltiges Signal. Nicht nur an Promovenden, sondern auch an Studierende, Schülerinnen und Schüler. Hier müsse "auch die Politik deutlich sein", sagte Wintermantel.
Hochschulen in Aufruhr
Die Plagiatsaffäre sorgt für Unruhe an vielen Hochschulen in Deutschland. Der Rektor der Tübinger Universität, Bernd Engler, schrieb im jüngsten Newsletter der Hochschule: "Das Ächten von Plagiaten versteht sich für uns wissenschaftlich Tätige von selbst." Es treffe die Wissenschaft "ins Mark, wenn Quellen nicht sauber angegeben, wenn aus nicht nachvollziehbaren Quellen abgeschrieben wird und diese mit eigenen Gedanken lediglich zu einer Collage zusammengestellt werden".
Scharfe Worte findet auch das Karlsruher Institut für Technologie KIT. "Sollten Plagiate in erheblichem Umfang politisch gebilligt werden, besteht aus unserer Sicht die Gefahr, dass die deutsche Wissenschaft Schaden nimmt und im Ausland an Ansehen verliert", heißt es in einer Stellungnahme
"Zweierlei Maß"
"Wer fälscht, wird bestraft", so lautet die Leitlinie von Ulrich von Alemann, Prorektor für Lehre und Studienqualität an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. In den Augen des Politikwissenschaftlers wäre Guttenberg gut beraten, "wenn er eine Auszeit von zwei bis drei Jahren nehmen würde". Danach könne er immer noch Karriere machen.
Auch der Deutsche Kulturrat kritisierte die Haltung der Bundesregierung. "Hier wird mit zweierlei Maß gemessen", sagte Kulturrats-Geschäftsführer Olaf Zimmermann im Südwestrundfunk. "Die Bundesregierung hat für Raubkopierer Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren durchgesetzt - andererseits duldet sie, wenn der Verteidigungsminister bei seiner Doktorarbeit abschreibt." Merkel müsse nun öffentlich sagen, dass niemand geistiges Eigentum stehlen dürfe - auch nicht ihr Verteidigungsminister.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP