Bagger beginnen Abrissarbeiten Protest gegen "Stuttgart 21"
13.08.2010, 22:23 Uhr
20.000 Demonstranten konnten die Bagger nicht stoppen.
(Foto: dpa)
Mit Lichtern, Transparenten und dem Slogan "Oben bleiben" machen sie ihrem Unmut gegen die Umwandlung des Kopfbahnhofes in eine unterirdische Durchgangsstation Luft. Die Kritik richtet sich unter anderem gegen die steigenden Kosten des Vorhabens, das mittlerweile mit 4,1 Mrd Euro zu Buche schlägt.
Rund 20.000 Demonstranten haben eine Menschenkette um den Stuttgarter Hauptbahnhof gebildet und damit gegen das milliardenteure Bauprojekt "Stuttgart 21" protestiert. Die Aktion verlief nach Angaben von Veranstaltern und Polizei friedlich. Am Morgen hatten die äußeren Abrissarbeiten am Hauptbahnhof begonnen, um Platz für den Bau eines unterirdischen Durchgangsbahnhofs zu schaffen.
Ein Sprecher des Aktionsbündnisses der Projektgegner sagte, an der Menschenkette hätten sich "deutlich über 20.000" Demonstranten beteiligt. Die Menschen hätten nicht nur eine Kette, sondern ein "breites Band" um den Bahnhof gebildet. Sie entzündeten demnach Kerzen und hielten um Punkt 20.30 eine Minute völlige Stille ein, bevor sie mit Musikinstrumenten und Trillerpfeifen anfingen, Lärm zu machen. Die Veranstaltung habe "Volksfestcharakter" gehabt.
Mit Lichtern, Transparenten und dem Slogan "Oben bleiben" machten sie ihrem Unmut Luft. Die Kritik richtet sich unter anderem gegen die steigenden Kosten des Vorhabens, das mittlerweile mit 4,1 Milliarden Euro zu Buche schlägt, sowie gegen negative Effekte auf die Umwelt und den Nahverkehr. Ein Polizeisprecher bestätigte, die Aktion sei friedlich und ohne Zwischenfälle verlaufen. Er schätzte die Zahl der Teilnehmer auf 15.000 bis 18.000 Teilnehmer.
"Kein Zweifel an rechtlicher Legimität"
Die Verlegung des Stuttgarter Bahnhofs unter die Erde sowie eine neue Trasse nach Ulm gelten als das größte Infrastrukturprojekt Europas. Die Befürworter des Projekts verweisen auf kürzere Reisezeiten, rund 4000 neue Arbeitsplätze und bis zu acht Milliarden Euro Folgeinvestitionen, etwa wenn auf den rund hundert Hektar Gleisanlagen, die nun in bester innerstädtischer Lage abgerissen werden, neue Wohn- und Geschäftshäuser entstehen. In der Bevölkerung ist das Bauvorhaben aber umstritten. Seit Wochen demonstrieren immer wieder tausende Gegner des Projekts.
Am Morgen wurde zunächst unter dem Schutz von 30 Polizeibeamten ein Vordach des Nordflügels entfernt, wie Polizei und Deutsche Bahn mitteilten. Der Flügel soll binnen drei Monaten komplett beseitigt werden. Bisher war der Nordflügel für den Abriss entkernt worden. Vier Demonstranten, die die Arbeiten mit Sitzblockaden behinderten, wurden der Polizei zufolge wegen Nötigung angezeigt.
Der Oberbürgermeister der Stadt, Wolfgang Schuster, lehnte unterdessen einen vorläufigen Baustopp des Projekts ab. Ein Moratorium sei "nicht denkbar", sagte er den "Stuttgarter Nachrichten". Schuster sagte, er nehme die Proteste gegen das umstrittene Projekt durchaus ernst. Die Gegner sollten allerdings nicht verkennen, dass es "an der demokratischen und rechtlichen Legitimität von "Stuttgart 21" keine Zweifel" gebe: Es hätten sich nicht nur die Parlamente "auf allen politischen Ebenen" für die Verlagerung des Bahnhofs unter die Erde entschieden. Auch die klare Mehrheit der Stuttgarter Bürger habe 1995 hinter dem Projekt gestanden.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa