Montagsdemonstration in Stuttgart Protestler beschädigen Bauzaun
25.10.2010, 23:06 Uhr
Die Veranstalter sprachen von 20.000 Teilnehmern, die Polizei nur von 9000.
(Foto: dpa)
Die fünfzigste Auflage der Montagsdemonstrationen gegen Stuttgart 21 bringt weniger Menschen auf die Straße als in den vergangenen Wochen. Mehrere Aktivisten marschieren nach der Kundgebung in den Schlossgarten und beschädigen einen Bauzaun. Die Polizei lässt Einsatzkräfte aufmarschieren. Mit einem Aktionstag in Berlin wollen die S21-Gegner ihre Proteste am Dienstag ausweiten.
In Stuttgart haben erneut tausende Menschen gegen das umstrittene Bahnprojekt "Stuttgart 21" demonstriert. An der Kundgebung auf dem Schlossplatz hätten 9000 Menschen teilgenommen, teilte das Polizeipräsidium Stuttgart mit. Nach der allwöchentlich montags stattfindenden Kundgebung seien mehrere hundert Teilnehmer in einer nicht angemeldeten Demonstration zum Hauptbahnhof gezogen. Dabei sei es zu Verkehrsbehinderungen gekommen, auch weil der Verkehr zeitweise von Demonstranten blockiert worden sei.
Anschließend begaben sich nach Angaben der Polizei mehrere Dutzend Aktivisten in den Schlossgarten, wo sie am Bauzaun rüttelten und diesen beschädigten. Erst als Einsatzkräfte der Polizei aufmarschiert seien, hätten die "Stuttgart 21"-Gegner von weiteren Aktionen abgesehen.
Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 wollen ihre Proteste mit einem Aktionstag in Berlin ausweiten. Am Dienstag soll ein Sonderzug mit 600 Demonstranten in der Hauptstadt eintreffen. Vor der Zentrale des Bahn-Konzerns am Potsdamer Platz planen die Stuttgart-21-Gegner am Nachmittag eine Kundgebung. "Wir wollen die Bahn an ihre Verantwortung erinnern und zeigen, dass einiges schiefläuft", sagte Mitorganisator Valentin Funk. Einige Demonstranten treffen sich auch mit Bundestagsabgeordneten.
Grüne würden S21 stoppen
Derweil versprach Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne), dass seine Partei bei einer Regierungsbeteiligung in Baden-Württemberg das Bahnprojekt Stuttgart 21 stoppen werde. Nur wenn sich eine Mehrheit der Bürger in einem Volksentscheid für das Milliarden-Vorhaben aussprechen sollte, würde seine Partei das Projekt weiterlaufen lassen. Ansonsten wäre der Ausstieg aus Stuttgart 21 eine zwingende Voraussetzung der Grünen für ein Regierungsbündnis nach der Landtagswahl im kommenden März, sagte Palmer. Bislang hatten führende Grünen-Politiker immer betont, sie könnten nicht versprechen, dass ein Ausstieg nach der Wahl tatsächlich noch möglich ist.
Gabriel rechnet mit Volksentscheid
SPD-Chef Sigmar Gabriel geht davon aus, dass am Ende der Schlichtung des Konflikts um Stuttgart 21 zwangsläufig ein Volksentscheid stehen wird. "Ich vermute, das wird Heiner Geißler am Ende auch vorschlagen", sagte Gabriel beim "Treffpunkt Foyer" der "Stuttgarter Nachrichten". Es bleibe dem Schlichter und früheren CDU-Generalsekretär gar nichts anderes übrig, weil die Schlichtung wahrscheinlich nicht dazu führen werde, dass die eine Seite die andere überzeugen kann.
Gabriel meinte aber auch, das Milliardenprojekt könne von einer neuen Regierung nach der Landtagswahl am 27. März 2011 nicht einfach abgesagt werden. "Wir sind eine erwachsene Demokratie, in der die Bürger am Ende selbst entscheiden." Das sei die einzige Möglichkeit, aus diesem Konflikt herauszukommen.
Die SPD hatte über Jahre für den Umbau des Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation und die Anbindung an die Schnellbahnstrecke nach Ulm gekämpft. Wegen des Massenprotests setzt sich die Partei nun für einen Volksentscheid ein.
Quelle: ntv.de, dpa