Petraeus vor dem Senat Ratschlag im Wahlkampf
08.04.2008, 21:20 UhrDer US-Oberbefehlshaber im Irak, General David Petraeus, lehnt jeden Zeitplan zu einem weiteren Truppenabbau im Irak ab. Nach dem geplanten Abzug von 20.000 amerikanischen Soldaten bis Juli solle es eine Pause von mindestens 45 Tagen zur "Konsolidierung und Neueinschätzung" geben.
"Wenn zu viele Truppen zu schnell abgezogen werden, könnte dies den Fortschritt im Irak gefährden", sagte Petraeus vor dem Streitkräfteausschuss des US-Senats in Washington. Dies würde die Bedrohung des Terrorismus durch El Kaida in der gesamten Region erhöhen.
Demokratische Senatoren reagierten mit scharfer Kritik. Präsidentschaftbewerberin Hillary Clinton hielt der Regierung vor, "die gegenwärtige Strategie" funktioniere nicht. Es herrsche nach wie vor Unsicherheit im Irak. "Es ist Zeit, mit einem geordneten Rückzug zu beginnen", sagte Clinton. Der demokratische Ausschussvorsitzende Senator Carl Levin meinte, die Empfehlungen Petraeus' bedeuteten faktisch eine "Unterbrechung des Truppenrückzugs ohne Ende".
McCain ist zufrieden
Dagegen begrüßte der republikanische Präsidentschaftskandidat, Senator John McCain, die harte Haltung des Generals. "Anstatt den Irak einem Zustand von Bürgerkrieg, Völkermord und Terror" zu überlassen, müsse man für einen Erfolg des Einsatzes kämpfen. Mit Blick auf die Demokraten meinte McCain: "Das Versprechen nach Truppenrückzug ohne dabei die Folgen zu bedenken, wäre ein Versagen politischer und moralischer Führung."
US-Präsident George W. Bush hatte bereits vor der Anhörung signalisiert, dass er den Empfehlungen des Generals folgen und vorerst keine weiteren Truppen aus dem Irak abziehen wolle. Petraeus betonte, angesichts der anhaltenden Unsicherheiten im Irak könne er nicht sagen, wie viele US-Truppen etwa in einem Jahr benötigt würden.
"Der Fortschritt ist umkehrbar"
Die Sicherheitslage im Irak hat sich nach den Worten von Petraeus seit der Aufstockung um rund 20.000 Soldaten vor einem Jahr zwar erheblich verbessert, ist in zahlreichen Gebieten aber noch immer unbefriedigend. "Der Fortschritt ist erheblich, aber umkehrbar."
Die mit Spannung erwartete Anhörung wurde mehrfach durch Demonstranten gestört, die "Bringt die Truppen nach Hause" riefen. Mindestens ein Demonstrant wurde von Sicherheitskräften abgeführt.
Petraeus äußerte zugleich Kritik am jüngsten umstrittenen Vorgehen der irakischen Armee gegen schiitische Aufständische im südirakischen Basra. Die Aktion, die zunächst ohne klaren Erfolg für die irakischen Soldaten endete, "hätte besser geplant werden können", meinte er. Allerdings sei es allgemein in den vergangenen zwölf Monaten gelungen, mehr Aufgaben auf die irakischen Truppen zu verlagern.
"Iran ist die größte Gefahr für Irak"
Zugleich richtete der General schwere Vorwürfe an den Iran, der Widerstandsgruppen im Irak unterstütze. "Der Iran ist die größte Gefahr für eine langfristige Entwicklung des Iraks." Irans "unheilvoller Einfluss" habe sich auch in Basra gezeigt.
Wie Petraeus betonte auch der US-Botschafter im Irak, Ryan Crocker, die Gefahr von El Kaida im Irak. "El Kaida ist auf dem Rückzug, aber noch nicht besiegt." Als Begründung für eine weiterhin starke Truppenpräsenz im Irak verwies auch Crocker auf den Iran. "Der Iran hat öffentlich gesagt, er werde jedes Vakuum im Irak ausfüllen."
Die Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat laut Crocker zwar erhebliche Fortschritte gemacht, weitere Bemühungen zum Aufbau der Demokratie und der Wirtschaft müssten aber folgen. "Im Irak ist alles schwierig, aber das heißt nicht hoffnungslos." Die Regierung müsse weiterhin entschlossene Schritte zur Förderung von nationaler Versöhnung, dem Aufbau von Demokratie und Wirtschaft unternehmen.
Quelle: ntv.de