Israels Vergeltungsschlag Rauch über Ramallah
06.06.2002, 02:41 UhrAuf den jüngsten Selbstmordanschlag in Meggido mit 18 Toten hat Israel mit einem massiven Vorstoß auf das Hauptquartier des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat reagiert. Israelische Truppen rückten in der Nacht mit Panzern in Ramallah ein, drangen in Arafats Amtssitz vor und rissen mehrere Gebäude ein. Ein Sicherheitsbeamter des Präsidenten wurde getötet. Nach rund sechs Stunden zogen sich die Soldaten aus der Stadt zurück.
Die Truppen begannen nach israelischen Berichten auch mit dem Abzug aus der größten autonomen Stadt Nablus, die Israel vor sechs Tagen fast vollständig wieder besetzt hatte.
Israels Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser sagte nach der Aktion, die Armee werde auch in Zukunft ähnliche Operationen gegen die Palästinenser vornehmen. Israel könne "solche Terroranschläge nicht einfach hinnehmen". Armee und Sicherheitskräfte würden alle nötigen Schritte unternehmen, um den Terror zu beenden.
Arafat wirft Israel "Faschismus" vor
Inzwischen verurteilte Palästinenserpräsident Arafat, der bei der Nacht- und Nebelaktion der israelischen Armee unversehrt blieb, den Angriff auf sein Hauptquartier als "eklatante Aggression". Vor Journalisten bezeichnete er das Verhalten Israels als "Faschismus " und "Rassismus".
Aus politischen Kreisen in Israel verlautete, Arafat habe bei der Strafaktion nicht verletzt werden sollen. Auch habe Ministerpräsident Ariel Scharon keine erneute Belagerung der Arafat-Büros geplant, die nach mehreren Wochen erst am 2. Mai aufgehoben worden war. Die Militäroperation sei vielmehr eine "symbolische Abschreckung" und ein klares Warnsignal an Arafat, dass er "mit Nichtstun nicht davonkommt", hieß es.
Neuer US-Kurs
Die US-Regierung ging unterdessen deutlich auf Distanz zu Arafat. Der Sprecher des US-Präsidenten, Ari Fleischer, nannte Arafat "ineffektiv" als Politiker und "nicht vertrauenswürdig" als Person. Fleischer betonte, Bush lasse Arafat zwar noch nicht fallen, aber inzwischen halte man in den USA auch Ausschau nach anderen Gesprächspartnern. "Der Präsident ist an Ergebnissen interessiert, ganz gleich, aus welcher Ecke sie kommen, und wenn sie von Arafat kommen, dann ist das gut, wenn sie von anderen kommen, dann ist es auch gut."
Quelle: ntv.de