NATO dementiert zivile Opfer in Libyen Rebellen bilden Übergangsrat um
09.08.2011, 19:08 Uhr
Mustafa Abdel Dschalil hat scheinbar eine Regierungsumbildung angeordnet.
(Foto: REUTERS)
Beim Nationalen Übergangsrat der libyschen Rebellen bahnt sich eine Umbildung im Exekutivbüro an. So hat Präsident Dschalil offenbar die Führungsriege entlassen. Von Deutschland fordern die Rebellen die Freigabe beschlagnahmter Gaddafi-Gelder und -Jets. Derweil dementiert die NATO heftige Vorwürfe seitens der libyschen Regierung.
Der Präsident des Nationalen Übergangsrats der libyschen Rebellen, Mustafa Abdel Dschalil, hat offenbar seine Regierung entlassen. Das Exekutivbüro sei suspendiert worden, sagte Rebellensprecher Mohammed al-Kisch.
Nach Kischs Worten soll Rebellenführer Mahmud Dschibril, der bei den Rebellen die Funktion eines Ministerpräsidenten hat, die Führungsriege austauschen. Auch Rebellensprecher Schamsiddin Abdulmolah bestätigte die Entlassung des Exekutivbüros. Dieses besteht aus etwa 15 Mitgliedern, die für die Verwaltung der unter Rebellenkontrolle stehenden Gebiete im Osten Libyens zuständig sind. Die Entscheidung zur Regierungsumbildung erfolgte nur eine Woche nach dem Tod des Militärchefs der Rebellen, Abdel Fatah Junes. Seine Tötung hatte zu Spekulationen über eine Spaltung der Rebellenbewegung geführt.
Rebellen wollen Flugzeuge

In London haben die Rebellen die libysche Botschaft übernommen. Und auch für Deutschland wurde ein diplomatischer Vertreter nominiert.
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Indes hofft der Übergangsrat, dass ihm von Deutschland beschlagnahmte Gaddafi-Flugzeuge für humanitäre Zwecke überlassen werden. Mansour Saif al-Nasr, der neu ernannte Ständige Vertreter des Rates in Frankreich, forderte zudem die Freigabe von Guthaben des Machthabers Muammar al-Gaddafi durch die Bundesregierung.
Zugleich gab er die Nominierung eines diplomatischen Vertreters in Berlin bekannt. Der nominierte Ali Masdnah Alguetani werde in wenigen Tagen seine offizielle Funktion als Ständiger Vertreter des Rates in Deutschland aufnehmen.
Sieben Milliarden Euro eingefroren
Nach Angaben des Auswärtigen Amtes werden zur Zeit drei Flugzeuge der staatlichen libyschen Fluggesellschaft in Deutschland festgehalten, die zur Wartung eingeflogen worden waren. Sie werden behandelt wie das finanzielle Vermögen Gaddafis, das auf deutschen Konten eingefroren ist. Dabei handelt es sich nach deutschen Angaben um mehr als sieben Milliarden Euro. Die Weitergabe gestaltet sich wegen rechtlicher Probleme allerdings schwierig.
"Die Bundesregierung bemüht sich grundsätzlich, alle rechtlichen Hürden zu beseitigen, um eingefrorenes Vermögen des Gaddafi-Regimes dem libyschen Volk zukommen zu lassen", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts dazu.

Die Rebellen sehen sich auf dem Weg zur Machtübernahme.
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Al-Nasr äußerte sich zuversichtlich, dass Gaddafi bald aus der Hauptstadt Tripolis vertrieben sein werde: "Heute stehen wir rund 60 bis 80 Kilometer vor Tripolis, die Front rückt vor. Es wird nicht lange dauern, bis Gaddafi fällt - er hat keinen Rückhalt mehr." In der Hauptstadt gebe es nun auch Sabotageakte. Allerdings bleibe der Blutzoll der kämpfenden Bevölkerung hoch, es gebe viele Verletzte.
NATO weist Vorwürfe zurück
Unterdessen bestritt die NATO die Behauptung der libyschen Regierung, bei Bombenangriffen seien 85 Zivilisten, darunter auch Kinder, getötet worden. Ein Militärsprecher des Bündnisses sagte, in der Nähe der westlibyschen Stadt Zlitan seien in der Nacht zwei frühere Bauernhöfe bombardiert worden. Diese seien zu einem Lager der Streitkräfte von Machthaber Gaddafi umfunktioniert worden. "Wir haben keine Hinweise auf zivile Opfer. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass es militärische Opfer gibt, darunter auch Söldner."
Das libysche Staatsfernsehen hatte zuvor Bilder gezeigt, die den Angaben zufolge aus einem Krankenhaus in der Nähe Zlitans stammten. Darauf waren die verbrannten Leichen von drei Kindern zu sehen. Außerdem wurde gezeigt, wie verletzte Frauen und Kinder ärztlich versorgt wurden.
Der kanadische Oberst Roland Lavoie betonte: "Das war eindeutig ein militärisches Ziel und wir erwarten keine zivilen Opfer." Die NATO habe das Gelände der zwei Bauernhöfe mit großen Hallen genau und lange beobachtet: Zu dem Komplex habe ein großes Zeltlager gehört. Die Gebäude seien benutzt worden, um die Truppen des Regimes mit Waffen, Munition und Nachschub zu versorgen, so der Militärsprecher Einsatzes.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP