Bomben über Colombo Rebellen greifen aus der Luft an
26.03.2007, 07:41 UhrNachts ist Hauptverkehrszeit am internationalen Flughafen Colombo. Kurz nach Mitternacht verfielen die zahlreichen Passagiere, die auf ihre Flüge aus der Urlaubsinsel Sri Lanka heraus warteten, in Panik. Bomben explodierten, Maschinengewehrfeuer folgte. Flughafenpersonal stürmte zum Ausgang, Reisende rannten hinterher. Der Auslöser: Der erste Luftangriff der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE). Ziel der Rebellen war die Luftwaffenbasis neben dem Hauptstadt-Flughafen. Nach schweren Niederlagen gelang der LTTE erstmals seit langem wieder ein empfindlicher Schlag gegen die Regierung.
Zwar wurden nach offizieller Darstellung bei dem Bombardement, bei dem drei Soldaten starben und etliche weitere verletzt wurden, keine Kampfflugzeuge zerstört - die Rebellen verfehlten damit ihr erklärtes Ziel. Bloßgestellt ist die Regierung trotzdem: Die Armee konnte den Angriff auf ihre am besten gesicherte Einrichtung nicht verhindern. Den Streitkräften gelang es nicht einmal, die Angreifer unschädlich zu machen. Stolz verkündete die LTTE, die Piloten seien nach dem Bombardement sicher im Rebellengebiet im Norden der Insel gelandet. Die LTTE, die in den vergangenen Monaten aus zahlreichen wichtigen Stellungen im Osten der Insel vertrieben wurde, hat bewiesen, dass sie nicht in die Knie gezwungen wurde.
Nach LTTE-Angaben flogen zwei Leichtflugzeuge den Angriff, die Regierung sprach von einer Maschine. Unbestritten ist, dass die Rebellen nun über ein neues Mittel der Bedrohung verfügen - nach Ansicht eines westlichen Diplomaten hat der Konflikt in Sri Lanka, für den keine Lösung in Sicht ist, damit eine neue Dimension erreicht. LTTE-Chef Velupillai Prabhakaran, der nur für besondere Missionen seiner Kämpfer aus seinem Versteck kommt, suchte die Öffentlichkeit und ließ Fotos veröffentlichen: Darauf ist er zufrieden lächelnd mit Angehörigen seiner großspurig "Luftwaffe" genannten Fliegereinheit zu sehen.
Doch die LTTE, die für einen unabhängigen Staat der tamilischen Minderheit kämpfen, hat nicht nur Flugzeuge. Sie ist die weltweit einzige Rebellengruppe, die mit den Sea Tigers eine marineähnliche Einheit unterhält. Die Rebellen verfügen außerdem über eine eigene straff organisierte Armee und Polizei. In den von ihnen kontrollierten Gebieten im Norden und Osten tritt die LTTE, die im vergangenen Jahr von der EU auf die Liste terroristischer Gruppen gesetzt wurde, als autoritäre Staatsmacht auf.
Seit Jahren versuchen die Aufständischen, die Air Tigers (Lufttiger) aufzubauen. Nach dem Tsunami Ende 2004 hatte die Regierung in Colombo Spekulationen angeheizt, die Rebellen würden Flugzeug-Einzelteile aus dem Ausland heranschaffen - getarnt als Hilfsmittel und aus der Menge der internationalen Unterstützung kaum herauszufiltern. Kein Geheimnis haben die Rebellen daraus gemacht, dass sie in Iranaimadu im Norden der Insel eine Landebahn unterhalten. Experten gehen davon aus, dass die LTTE inzwischen über bis zu fünf tschechische Leichtflugzeuge vom Typ Z 143 verfügt.
Das Bombardement nun weckt Erinnerungen an den Sommer 2001. Damals griffen LTTE-Kämpfer am Boden den Flughafen an, 22 Menschen wurden getötet, die wirtschaftlichen Folgen waren katastrophal. Auch der Luftangriff dürfte Konsequenzen für den ohnehin gebeutelten Tourismus haben, von dem viele Sri Lanker im singhalesischen Süden abhängig sind. Bereits im vergangenen Monat waren die Besucherzahlen wegen der anhaltenden Gewalt in den Keller gegangen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum reisten im Februar 18,3 Prozent weniger Urlauber in das Land - das einst als tropisches Inselparadies galt.
Quelle: ntv.de