Politik

In den Niederlanden drohen Neuwahlen Regierung vor dem Aus

Im September 2010 formierte sich in den Niederlanden die Regierung aus Liberalen, Christdemokraten und der rechtsliberalen Partei Wilders.

Im September 2010 formierte sich in den Niederlanden die Regierung aus Liberalen, Christdemokraten und der rechtsliberalen Partei Wilders.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die niederländische Minderheitsregierung braucht Geert Wilders. Sie ist auf die Stimmen seiner Partei angewiesen. Doch jetzt erleidet der Populist und Islamgegner einen Rückschlag. Er verliert ein Fraktionsmitglied - und gefährdet damit die gesamte Regierung. Denn nun ist ihre Mehrheit hin. Drohen jetzt Neuwahlen?

Mit ausländer- und islamfeindlichen Parolen hat Geert Wilders in den vergangenen Jahren in den Niederlanden Wahlerfolge gefeiert - und seine rechtspopulistische Partei für die Freiheit (PVV) zur drittstärksten Kraft im Land gemacht. Jetzt aber hat die Partei mit dem Austritt eines verärgerten Abgeordneten einen Rückschlag erlitten - und mit ihr die Regierung von Ministerpräsident Mark Rutte. Die ohnehin wackelige Mehrheit im Parlament ist dahin, eine Neuwahl somit nicht ausgeschlossen.

Ohne Mehrheit keine Regierung: Je nachdem, wie die Neuwahlen ausgehen, könnten die Zusammentreffen mit Bundeskanzlerin Merkel für Mark Rutte künftig seltener werden.

Ohne Mehrheit keine Regierung: Je nachdem, wie die Neuwahlen ausgehen, könnten die Zusammentreffen mit Bundeskanzlerin Merkel für Mark Rutte künftig seltener werden.

(Foto: AP)

Was war passiert? In den Augen des Abgeordneten Hero Brinkman ist Wilders schlicht zu weit gegangen: Auf einer umstrittenen Website fordert die PVV Niederländer auf, Probleme mit Ausländern aus Osteuropa zu melden, etwa den Verlust ihres Arbeitsplatzes an einen Einwanderer. "Ich kann nicht tolerieren, dass meine Partei jeden kriminalisiert", begründete der 48-jährige frühere Polizist seinen Austritt aus der PVV-Fraktion.

Doch damit nicht genug. Offen kritisiert Brinkman auch Wilders übergroße Rolle in der Partei: "Die PVV funktioniert wie die Stasi", sagte der frühere Wilders-Gefolgsmann Anfang der Woche im holländischen Fernsehen. Ein System, in dem ein einzelner - nämlich Wilders - die gesamte Macht in seinen Händen hält, sei "pervers".

Wilders-Partei ist drittstärkste Kraft

Brinkman hat die PVV verlassen, seinen Sitz im Parlament will er aber als unabhängiger Abgeordneter behalten. "Ich werde die Koalition nicht zum Sturz bringen", beteuert er. "Rutte und sein Team haben mein volles Vertrauen." Dennoch ist die Lage äußerst angespannt. In den Niederlanden stehen schwierige Entscheidungen an. Es müssen weitere Sparmaßnahmen verabschiedet werden, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, im kommenden Jahr gegen den europäischen Stabilitätspakt zu verstoßen. Das Land befindet sich seit Juli in einer Rezession.

Die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Rutte war bisher auf die Unterstützung der PVV angewiesen: Die Wilders-Partei hatte ihr eine knappe Mehrheit im Parlament beschert. Als Basis dient ein sogenannter Duldungsvertrag mit Ruttes rechtsliberaler Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) und den Christdemokraten (CDA). Im Gegenzug erwartet Wilders eine rigorose Abschiebepraxis und die Eindämmung der Immigration nichtwestlicher Ausländer.

Bei den Wahlen im Sommer 2010 hatte die Wilders-Partei 24 Sitze im 150-köpfigen Parlament gewonnen und wurde damit drittstärkste Partei. Nach dem Austritt Brinkmans haben die Regierungsparteien VVD und CDA zusammen mit Wilders PVV aber nur noch 75 Sitze - genau 50 Prozent.

Schwächt der "Brinkman-Effekt"?

Diederik Samsom, der neue Chef der oppositionellen Partei der Arbeit (PvdA), hat bereits zu Neuwahlen aufgerufen. Umfragen zeigen, dass der sogenannte "Brinkman-Effekt" die PVV weiter schwächen und die Partei bis zu vier Sitze verlieren könnte, wenn jetzt gewählt würde. Brinkmans Austritt war der erste aus der Wilders-Partei, die bisher stabil wirkte.

Für die in Bedrängnis geratene Regierung könnte es nun auch mit der Umsetzung dringend nötiger Sparpläne eng werden. Zwar sichert Brinkman Ministerpräsident Rutte generell seine Unterstützung zu. Im Vorfeld hatte er aber immer wieder Bedenken am Haushalt 2013 angemeldet. Von Rutte wird erwartet, die öffentlichen Ausgaben um neun Milliarden Euro zu kürzen und somit das Haushaltsloch schrittweise in den Griff zu bekommen.

Rutte selbst hält sich bedeckt. Statt offener Kritik an der umstrittenen Website der PVV, die die Krise innerhalb der Wilders-Partei mit ausgelöst hatte, beschreibt er die Internetseite eher mit schlichten Worten: "Eine besondere Initiative der PVV". Beobachter sagen, Rutte hüte sich, Wilders zu verärgern.

Quelle: ntv.de, Fernando Heller, dpa

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