Gefechte schwappen auf Irak über Regime startet Angriff auf Homs
04.03.2013, 15:00 Uhr
In der Umgebung von Aleppo kommt es zu heftigen kämpfen zwischen Opposition und Regierungstruppen.
(Foto: REUTERS)
In Homs, Aleppo und anderen syrischen Gebieten flammen erneut heftige Kämpfe auf. Doch der Bürgerkrieg schwappt auch auf irakisches Gebiet über. Dort sterben bei Gefechten Dutzende syrische und irakische Soldaten. Die Aufständischen fordern derweil weiterhin Waffen vom Westen - doch der blockt ab.
Syrische Regierungstruppen haben nach Angaben von Aktivisten einen Großangriff auf die umkämpfte Stadt Homs gestartet. Die Gefechte seien "die schlimmsten seit Monaten", Dutzende regierungstreue Kämpfer seien getötet worden, berichtete die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Armeeangehörige sowie regierungstreue Milizen wollten den Angaben zufolge Teile des Stadtzentrums zurückerobern, die von den Rebellen kontrolliert werden.
In der irakischen Provinz Anbar sind derweil nach Informationen der Nachrichtenagentur Sumeria News 33 syrische und 9 irakische Soldaten getötet worden. Sumeria News meldete, die Soldaten seien nahe der syrischen Grenze in einen Hinterhalt geraten. Bei den Syrern handelt es sich den Angaben zufolge um Soldaten, die am vergangenen Wochenende in den Irak geflüchtet waren, als syrische Rebellen den Grenzübergang Jarubija eingenommen hatten.
Laut Sumeria News wollten die irakischen Soldaten die Syrer über den Grenzübergang Al-Kaim zurück in ihre Heimat schicken, als sie angegriffen wurden. In der Anbar-Provinz hieß es dagegen, die Angreifer seien Iraker gewesen. Die schiitischen Regierungsparteien in Bagdad unterstützen das syrische Regime. Viele irakische Sunniten sympathisieren indessen mit den Aufständischen.
Nach Angaben von syrischen Aktivisten nahmen unterdessen syrische Rebellen die Provinzhauptstadt Raka im Norden des Landes fast vollständig ein. An einigen Orten leisteten Regierungstruppen noch Widerstand, berichtete die oppositionsnahe Syrische Beobachtungstelle für Menschenrechte. "Die Kämpfe gehen weiter", teilte die Organisation mit. "In den nächsten Stunden wird Raka die erste Provinzhauptstadt sein, die nicht vom Regime kontrolliert wird", sagte der Chef der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman.
Den Angaben zufolge kam ein Polizeichef ums Leben. Zudem seien zwei ranghohe Vertreter der Sicherheitskräfte festgenommen worden. Die Beobachtungsstelle mit Sitz in London stützt sich auf ein Netzwerk von Aktivisten und Medizinern in Syrien. Ihre Angaben konnten zunächst nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.
Opposition wählt erste Vertreter
Gleichzeitig versuchten Rebellen, den Militärflughafen Minigh in der Provinz Aleppo einzunehmen. Die Angreifer nahmen die Regierungstruppen, die auf dem Luftwaffenstützpunkt stationiert sind, von mehreren Seiten in die Zange. Nach Angaben der Regimegegner bombardierte die Luftwaffe die angreifenden Rebellen. Der Flughafen liegt in der Nähe der Grenze zur Türkei.
Am Vortag waren nach Angaben der Beobachtungstelle mehr Regierungssoldaten und Rebellen bei Kämpfen getötet worden als je zuvor während des seit zwei Jahren andauernden Konflikts. 115 Soldaten und 104 Rebellen seien getötet worden, außerdem 45 Zivilisten, hieß es. Die Beobachtungsstelle stützt sich auf ein breites Netzwerk von Aktivisten und Medizinern in Syrien. Ihre Angaben können jedoch nicht unabhängig überprüft werden.
Unterdessen wählten Angehörige der Opposition erstmals lokale Vertretungen für die von den Rebellen kontrollierten Gebiete der Provinz Aleppo. Wie die Wahlleitung bekanntgab, dominieren unter den 13 Mitgliedern des Lokalen Rates der Stadt Aleppo die moderaten Islamisten. In den ländlichen Gebieten hätten radikale Islamisten die Nase vorn, hieß es.
An der Wahl in der türkischen Stadt Gaziantep hatten sich am vergangenen Wochenende rund 280 Syrer beteiligt. Alle Kandidaten waren Männer. Kein Angehöriger einer säkularen Gruppierung wurde gewählt. Die Oppositionelle Suheir al-Atassi sagte, es sei falsch eine Wahl ohne Frauen abzuhalten, "schließlich waren die Frauen von Anfang an Teil dieser Revolution".
USA sehen Waffenlieferungen skeptisch
US-Außenminister John Kerry bekräftigte unterdessen die Unterstützung seines Landes für die Rebellen. Die USA und befreundete Länder wollten die syrische Opposition weiter stärken, sagte Kerry bei einem Besuch in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad. Waffenlieferungen an die Rebellen vor allem nach dem Gießkannenprinzip, lehnte er jedoch erneut ab. "Waffen sollten die gemäßigte, rechtmäßige Opposition erreichen" und nicht extremistische Gruppen, betonte er.
Kerrys saudi-arabischer Amtskollege Prinz Saud al-Faisal sagte, das syrische Volk habe "das Recht, sich gegen die Tötungsmaschinerie des Regimes zu verteidigen". Er forderte ein internationales Embargo für Waffenlieferungen an die syrische Führung um Präsident Baschar al-Assad. Saudi-Arabien und weitere Golfmonarchien unterstützen den Volksaufstand gegen Assad, der sich inzwischen zu einem Bürgerkrieg mit laut UN-Angaben mehr als 70.000 Toten entwickelt hat.
Der oppositionelle syrische Nationalrat forderte dagegen erneut Hilfe von der internationalen Gemeinschaft und nannte dabei konkret auch Waffenlieferungen. "Ich kann natürlich die Ängste verstehen, die die Weltgemeinschaft äußert", sagte das Ratsvertreter Sadiqu al-Mousllie im Deutschlandradio Kultur zu Befürchtungen, dass Waffen in die Hände von Islamisten geraten könnten. Diese machten aber nur einen verschwindend geringen Teil der Opposition aus.
Die Weltgemeinschaft müsse ihrer Verantwortung nachkommen, sagte Al-Mousllie. Dazu gehöre auch die Lieferung von Waffen an die Aufständischen. Zuletzt hatten sich der britische Außenminister, aber auch Unions-Außenpolitiker Philipp Mißfelder dafür ausgesprochen, die syrische Opposition mit Waffen auszurüsten.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa