Auftrag zur Regierungsbildung in Italien Renzi soll es richten
17.02.2014, 17:13 Uhr
Volksnah scheint er zu sein: Italiens designierter Ministerpräsident Matteo Renzi (r.) nimmt in Rom Glückwünsche entgegen, nachdem ihm Staatspräsident Napolitano mit der Regierungsbildung beauftragt hat. Die EU erhofft sich, dass er Italien auf Reformkurs bringt.
(Foto: AP)
Er war nie im Parlament, er war nie Minister und bis vor wenigen Jahren nahezu unbekannt. Jetzt soll Matteo Renzi neuer Ministerpräsident Italiens werden. Für den 39-jährigen Überflieger sähe alles gut aus - wäre da nicht ein alter Berlusconi-Vertrauter.

Matteo Renzi bei seiner ersten Pressekonferenz nachdem er von Staatspräsident Napolitano den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten hatte.
(Foto: dpa)
Krönung einer Blitzkarriere: Matteo Renzi soll neuer Regierungschef Italiens werden. Es wäre der jüngste Ministerpräsident in der Geschichte des Landes. Staatspräsident Giorgio Napolitano gab dem 39-jährigen Chef der Demokratischen Partei (PD) den Auftrag, ein Kabinett zu bilden. Nachdem Renzi seinen Parteifreund Enrico Letta aus dem Regierungsamt geputscht hat, steht er nun vor der schwierigen Aufgabe, sich eine Mehrheit im Parlament zu suchen.
Er werde seine "gesamte Energie", seinen Enthusiasmus und sein Engagement einsetzen, um Italien auf den nötigen Reformkurs zu bringen, sagte Renzi nach seinem Treffen mit Napolitano. So bald wie möglich wolle er in Rom offizielle Konsultationen beginnen. Diese dürften "ein paar Tage" dauern, sagte er. Dann steht erneut ein Termin im Präsidentenpalast an, bevor Renzi im Parlament um das Vertrauen für seine Regierung bitten muss.
"Wir werden uns die nötige Zeit dafür nehmen", sagte Renzi - ganz offensichtlich im Wissen darum, dass es kein Kinderspiel werden dürfte, eine solide Mehrheit zu bilden. Renzi war vor wenigen Jahren landesweit praktisch noch ein Unbekannter, er saß bislang weder im Parlament noch in einem Ministerium. Auch international trat der scheidende Florentiner Bürgermeister bislang nicht in Erscheinung.
Alfano stellt Bedingungen
Zwar wird erwartet, dass die Koalition aus PD, der neu gegründeten Partei "Neue Rechte Mitte" um den früheren Berlusconi-Vertrauten Angelino Alfano und der Zentrumspartei fortgeführt werden kann. Allerdings hatte Alfano klar gemacht, dass es dafür keinen Blankoscheck gebe. "Wir sind unentbehrlich für die Entstehung dieser Regierung", sagte er. Wenn die Partei Nein sage, werde das Kabinett auch nicht zustande kommen.
Alfano warnt vor allem vor einer zu starken Linken in der Regierung und fordert die Unterzeichnung eines soliden Koalitionsvertrags. Die Zeitung "Corriere della Sera" sieht "exzellente politische Köpfe, wenn möglich neue" als nötig an. Diese müssten ausreichend Erfahrung mitbringen, um nicht sofort zu "Sklaven" der erfahrenen politischen Schwergewichte zu werden.
Wahlrechtsreform geplant
Renzi selbst will bis zu den nächsten Wahlen 2018 durchhalten. Dazu benötigt er eine stabile Regierung. Der Analyst Federico Geremicca schrieb dazu in der Zeitung "La Stampa", Renzi sei zwar bekannt für sein rasantes Tempo, allerdings sei die Bildung eines neuen Regierungsteams "keine leichte Aufgabe". Renzi nahm die Aufgabe angesichts der harten Tage, die ihm bevorstehen und gemäß italienischer Tradition "unter Vorbehalt" an.
Falls es ihm gelingt, ein Kabinett auf die Beine zu stellen, will Renzi schon bis Ende Februar dringende institutionelle Reformen voranbringen, etwa eine Änderung des Wahlrechts. In den ersten Monaten seiner Amtszeit stehen dann der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, der Bürokratieabbau und eine Reform der öffentlichen Verwaltung ganz oben auf dem Programm. Auf die Reformen in der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone warten auch viele EU-Partner. Italien ist zwar gerade erst wieder der Rezession entkommen, steht aber wirtschaftlich weiter auf schwachen Beinen.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa