Abstimmung über Annexionen UN-Vollversammlung versagt Moskau Geheimvotum
12.10.2022, 11:44 Uhr (aktualisiert)
Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja beklagt eine Blockbildung bei den Vereinten Nationen, hier bei der Generaldebatte im Sicherheitsrat am 27. September.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Russland muss sich vor der UN-Vollversammlung für die Annexion von vier ukrainischen Gebieten rechtfertigen. Um es für Sympathisanten weniger peinlich zu machen, dringt Moskau auf eine geheime Abstimmung. Doch damit kommt der Aggressor nicht durch.
Zu Beginn einer Dringlichkeitssitzung der UN-Vollversammlung hat die Ukraine die Weltgemeinschaft aufgefordert, die völkerrechtswidrigen Annexionen Russlands zu verurteilen. "Die so genannten Referenden standen in keiner Beziehung zu dem, was wir Ausdruck des Volkswillens nennen - weder aus rechtlicher noch aus technischer Sicht", sagte der ukrainische UN-Botschafter Serhij Kislizia in New York. Er forderte das größte UN-Gremium zur Annahme einer Resolution auf, die von Russland verlangt, seine Handlungen rückgängig zu machen.
Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja dagegen beklagte eine "gefährliche Polarisation" bei den Vereinten Nationen und eine Blockbildung, die die internationale Zusammenarbeit untergrabe. Mit einer Reihe von Abstimmungen versuchte Moskau dabei, eine geheime Entscheidung zur Resolution zu erzwingen. Es scheiterte jedoch an einer klaren Mehrheit von mehr als 100 Staaten, die für eine offene Abstimmung votierten.
Die UN-Vollversammlung begann am Montag mit Beratungen zu den jüngsten völkerrechtswidrigen Annexionen von Teilen der Ukraine durch Russland. Am Ende der Sitzung, die sich aufgrund einer Vielzahl an Sprecherinnen und Sprechern bis Mittwoch hinziehen könnte, soll das mit 193 Mitgliedstaaten größte UN-Gremium über die Resolution zur Verurteilung Moskaus abstimmen.
Globaler Stimmungstest zum Ukraine-Krieg
Resolutionen der UN-Vollversammlung sind anders als beim Sicherheitsrat völkerrechtlich nicht bindend. Die bevorstehende Abstimmung in New York wird aber auch als globaler Stimmungstest bezüglich des Ukraine-Kriegs gesehen. Westliche Diplomaten betonten, dass jedes UN-Mitgliedsland ein Eigeninteresse an der Verurteilung Russlands haben müsste, um nicht selbst Opfer einer illegalen Einverleibung durch einen Nachbarstaat zu werden. Auf der anderen Seite sehen Beobachter seit geraumer Zeit eine Kriegsmüdigkeit bei einer Reihe von Staaten vor allem in Afrika und Lateinamerika.
Bei der Abstimmung in der UN-Vollversammlung wird mit einer deutlichen Mehrheit gerechnet, doch der Text wird sich an zwei vorherigen Ergebnissen messen müssen: Im März hatte die Versammlung Russlands Invasion mit einer historischen Mehrheit von 141 Stimmen zurückgewiesen. Im Jahr 2014, nach der Annexion der Krim durch Russland, bekannten sich 100 Mitgliedsstaaten zu einer Resolution, die die territoriale Integrität der Ukraine betonte.
(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 11. Oktober 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, mau/dpa