Aderlass bei Sanitätsärzten Robbe legt Mängelliste vor
26.03.2009, 12:41 UhrDer Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe, hat schwerwiegende Mängel bei Ausrüstung und Unterkunft beklagt sowie Kritik an dem teilweise überbordenden Bürokratismus geübt. Mit einer modernen Armee im Einsatz sei nur schwer zu vereinbaren, dass am Luftwaffenstützpunkt in Köln-Wahn von rund 200 Gebäuden die Hälfte mehr als 50 Jahre und ein Viertel mehr als 70 Jahre alt ist, sagte Robbe bei der Vorstellung seines Jahresberichts für 2008.
Teilweise werde gegen Vorschriften gearbeitet, um - so ein Offizier - "den Laden am Laufen zu halten". Auch wenn einem Kommandeur die Knöpfe von der dienstlich gelieferten Uniform abfielen und die Nähte sich auflösten, sei dies kein Kennzeichen einer modernen Armee. Mit Blick auf die Arbeitsbedingungen hätten Soldaten die Bürokratie beklagt: "Wir kontingentieren und regulieren uns noch zu Tode", habe ihm ein hoher Offizier berichtet.
In einem Interview der vom Bundestag herausgegebenen Wochenzeitung "Das Parlament" sagte Robbe, nach wie vor gebe es nicht genügend gepanzerte Fahrzeuge in den Ausbildungsstandorten. "Auch wenn es so ist, dass im Großen und Ganzen die Ausstattung im Einsatzgebiet einigermaßen stimmt, so habe ich nach wie vor leider zu kritisieren, dass in den Heimatstandorten, auch in den Spezialstandorten, wo die Ausbildung stattfindet, noch nicht ausreichend Fahrzeuge zur Verfügung stehen", sagte der Wehrbeauftragte zu den Ausrüstungsmängeln dem NDR Info-Radio.
Robbe beklagte vor allem die angespannte Personalsituation im zentralen Sanitätsdienst. 2008 sei es zu einem "regelrechten Aderlass bei den Sanitätsoffizieren" gekommen. So habe die Bundeswehr fast 100 Kündigungen von Ärzten zu beklagen, weil sie keine Berufsperspektiven sähen. Probleme gebe es auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Dienst, beispielsweise wegen fehlender Kindertagesstätten in Kasernen. Die Bundeswehrangehörigen litten teilweise auch unter der fehlenden Akzeptanz der Gesellschaft.
Robbe übergab seinen jährlichen Bericht über den Zustand der Bundeswehr an Bundestagspräsident Norbert Lammert. Traditionell werden darin die Mängel an Ausbildung, Material und Innerer Führung aufgelistet. Vor einem Jahr hatte Robbe in seinem Bericht für 2007 unter anderem beklagt, dass die Fitness vieler Bundeswehrsoldaten stark zu wünschen übrig lasse. Mehr als 40 Prozent der jungen Soldaten hätten Übergewicht.
Bundeswehrverband beklagt "Sonntagsreden"
Der Deutsche Bundeswehrverband fordert von Kanzlerin Angela Merkel eine klare Kursbestimmung beim Afghanistan-Einsatz. Die Soldaten erwarteten ein klares Wort zu Auftrag und Strategie am Hindukusch, sagte Verbandschef Ulrich Kirsch der "Leipziger Volkszeitung". Jeder Soldat, der aus dem Einsatz zurückkehre, könne erklären, dass er in Afghanistan gute und sinnvolle Arbeit geleistet habe.
"Dagegen ist es der Politik bis heute nicht gelungen, die notwendige Erklärung für den Einsatz zu liefern", kritisierte Kirsch. In der Politik gebe es nur Sonntagsreden und keine Kraftanstrengung, um vom freundlichen Desinteresse der Öffentlichkeit wegzukommen. "Bei den Soldaten wird dadurch der Eindruck geschürt, die Gesellschaft interessiere sich nicht für ihren gefährlichen Auftrag", bemängelte der Verbandschef. Er erwarte, dass Merkel den Einsatz am Hindukusch wie US-Präsident Barack Obama zur Chefsache mache.
Quelle: ntv.de