Politik

"Tag der Befreiung" Rom bejubelt Berlusconis Abgang

Jubelstimmung in Rom.

Jubelstimmung in Rom.

(Foto: dpa)

So feiert Italien eigentlich nur, wenn es eine Fußball-Weltmeisterschaft gewinnt. Doch diesmal hat der Jubel einen anderen Grund: Der skandalträchtige Ministerpräsident Berlusconi tritt zurück. Präsident Napolitano beginnt heute mit den Konsultationen der Parteien, um eine Notregierung zu bilden. Als aussichtsreicher Nachfolger Berlusconis gilt der ehemalige EU-Kommissar Monti.

Vor dem Präsidentenpalast Quirinale feierten Tausende den "Tag der Befreiung".

Vor dem Präsidentenpalast Quirinale feierten Tausende den "Tag der Befreiung".

(Foto: AP)

Nach dem Rücktritt von Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi herrscht Freudenstimmung auf Italiens Straßen. Mit einem stundenlangen nächtlichen Fest feierten Tausende Italiener Fahnen schwenkend den Abgang des umstrittenen Premiers. Zur Musik der italienischen Nationalhymne und Georg Friedrich Händels "Halleluja" zelebrierten sie den "12. November - Tag der Befreiung".

"Tritt ab, geh nach Hause", lauteten die Sprechchöre gegen Berlusconi, wo immer dieser am Samstag eintraf. Auch Rufe wie "Hau ab, Mafioso" begleiteten den umstrittenen Ministerpräsidenten, ebenso wie "Hanswurst, Hanswurst". In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur ANSA zeigte sich der 75-Jährige "tief verbittert" angesichts der Anfeindungen.

Nach dem Senat hatte am Samstag auch das Abgeordnetenhaus einem von Brüssel verlangten Reformpaket zugestimmt. 380 der 630 Abgeordneten sprachen sich für das Gesetz aus, 26 votierten dagegen. Die Demokratische Partei war zwar in der Kammer präsent, stimmte aber nicht mit ab. Diese Abstimmung war der letzte Akt der vor dreieinhalb Jahren eingesetzten Regierung Berlusconi.

Italien hat die Ära Berlusconi überstanden.

Italien hat die Ära Berlusconi überstanden.

(Foto: REUTERS)

Danach trat der gescheiterte Regierungschef zurück, wie das Amt von Staatspräsident Giorgio Napolitano in Rom mitteilte. Berlusconi hatte Napolitano am Abend aufgesucht, um seinen Rücktritt einzureichen. "Heute ist der Tag der Befreiung Italiens", meinte der Chef der größten Oppositionspartei PD (Demokratische Partei), Pierluigi Bersani, zu dem Rücktritt, den die Gegner seit langem von dem umstrittenen Berlusconi verlangt hatten.

Monti soll's richten

Als aussichtsreicher Nachfolger Berlusconis ist der ehemalige EU-Kommissar Mario Monti im Gespräch. Von dem ausgewiesenen Wirtschaftsfachmann erhoffen sich die Italiener Lösungen für das hoch verschuldete und unter starkem Druck der Finanzmärkte stehende Land.

Vor dem Privatpalast des Ex-Premiers in Rom singen und tanzen die Menschen.

Vor dem Privatpalast des Ex-Premiers in Rom singen und tanzen die Menschen.

(Foto: AP)

Monti werden beste Chancen eingeräumt, weil trotz einer Zerreißprobe inzwischen auch Berlusconis Partei ihre prinzipielle Zustimmung zu einer Regierung Monti gibt. Allerdings soll Berlusconi bereits auch damit gedroht haben, dass "wir auch wieder abschalten können, wann wir wollen." Außerdem würde er gern seinen Vertrauten Gianni Letta in der neuen Regierung sehen. Heute beginnt Napolitano mit den Konsultationen der Parteien, um eine Notregierung vor allem aus Fachleuten zu bilden.

Eine Alternative zu einer Notregierung wären Neuwahlen. Napolitano muss prüfen, welche Lösung sich anbietet. Er selbst mache sich für eine Regierung unter Monti stark, berichten italienische Medien.

Der Rücktritt Berlusconis ist das Ende einer Epoche: In den vergangenen 17 Jahren war Berlusconi insgesamt zehn Jahre lang in Italien als Regierungschef am Ruder. Zuletzt hatte sich der Milliardär aber hauptsächlich wegen Sex- und Bestechungsskandalen in mehreren Prozessen verantworten müssen.

Wechsel bringt große Hoffnungen mit sich

"Mach's gut Silvio. Wir werden dich nicht vermissen."

"Mach's gut Silvio. Wir werden dich nicht vermissen."

(Foto: REUTERS)

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, äußerte ihre "große Wertschätzung" für Monti. Mit diesem "hochqualifizierten Mann" verbinde sie ein "stets fruchtbarer und überaus herzlicher Dialog", sagte Lagarde in Tokio. Die Ernennung eines neuen Regierungschefs werde zur Glaubwürdigkeit des Landes beitragen und für Klarheit sorgen.

Der frühere EZB-Chefvolkswirt und Regierungsberater Otmar Issing sagte der "Süddeutschen Zeitung", Italien brauche keine finanziellen Hilfen, sondern könne und müsse sich selbst retten.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/rts/AFP

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