Linke überlegt noch Rot-Grün bereitet Wahl vor
18.06.2010, 13:24 Uhr
SPD-Chefin Kraft und Grünen-Fraktionschefin Löhrmann. Eine Stimme fehlt ihnen zur absoluten Mehrheit.
(Foto: APN)
Die Linke weiß noch nicht, ob sie SPD-Chefin Kraft zur Ministerpräsidentin wählen wird. Entscheidend ist das nicht: Im vierten Wahlgang reichen Kraft die Stimmen von SPD und Grünen. Unklar ist noch, ob für die CDU der bisherige Regierungschef Rüttgers oder Integrationsminister Laschet antritt.
Fast sechs Wochen nach der Landtagswahl nimmt die schwierige Regierungsbildung in Nordrhein-Westfalen Fahrt auf. Bereits am Dienstag wollen SPD und Grüne mit den Beratungen über die Bildung einer Minderheitsregierung beginnen.
Schon Mitte Juli soll SPD-Chefin Hannelore Kraft zur ersten NRW-Ministerpräsidentin gewählt werden. Dazu bräuchte sie im ersten Wahlgang zumindest eine Stimme aus einem anderen Lager für eine absolute Mehrheit. Im vierten Wahlgang könnte Kraft auch von SPD und Grünen allein zur Regierungschefin gewählt werden - dann reicht die einfache Mehrheit.
Die Linke hat noch nicht entschieden, ob sie für Kraft stimmen wird oder sich bei der Wahl im Landtag enthält. "Zustimmung oder Enthaltung hängt von den Inhalten ab", betonte Landtagsfraktionschef Wolfgang Zimmermann. Die Linke werde aber "natürlich dafür sorgen, dass es keinen CDU-Ministerpräsidenten gibt". Sie werde Kraft nicht blockieren. "Wir stehen einer Minderheitsregierung nicht im Wege."
Laschet oder Rüttgers

"In der Oppositionszeit beginnt das Neusortieren" - Rüttgers wird dann wohl keine Rolle mehr spielen.
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Unklar ist, ob der geschäftsführende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers für die CDU gegen Kraft kandidieren wird. Vor einer Sitzung des geschäftsführenden Landesvorstands der NRW-CDU ließ Rüttgers offen, ob er im Landtag noch einmal für das Amt des Ministerpräsidenten kandidieren wird. "Es geht nicht um Personalien", erklärte er vor dem kurzfristig anberaumten Spitzengespräch. "Es geht um die Strategie für die nächsten Tage bis zur Wahl des Ministerpräsidenten."
Als ein möglicher Nachfolger von Rüttgers an der Parteispitze wird Integrationsminister Armin Laschet gehandelt. Der sagte zu seiner "Kronprinzen-Rolle" im NDR: "Kronprinzen gibt es nur in Monarchien, und die waren meistens nicht sehr glücklich, aber natürlich beginnt jetzt in der CDU in der Oppositionszeit auch das Neusortieren. Und das werden wir in den nächsten Tagen sicher besprechen." Die rot-grüne Minderheitsregierung könne nicht mit Unterstützung der CDU rechnen.
Pinkwart will kein Anstoß gewesen sein
Unterdessen wehrt sich FDP-Landesparteichef Andreas Pinkwart gegen die Interpretation, er habe die schwarz-gelbe Koalition aufgekündigt und damit den Anstoß für die rot-grüne Minderheitsregierung gegeben. "Es ist ja ganz offensichtlich, dass Frau Kraft als Getriebene in diesem Prozess ein Argument suchen musste, um ihre überraschende Kehrtwende überhaupt nur begründen zu können", sagte Pinkwart dem Deutschlandradio. "Es ist absurd, das Argument."
Pinkwart hatte in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview gesagt: "Der Koalitionsvertrag der letzten Legislaturperiode ist abgearbeitet. Die FDP wird im Parlament darauf hinwirken, dass Mehrheitsentscheidungen im Interesse des Landes möglich werden." SPD-Landeschefin Kraft hatte dies als Aufkündigung der schwarz-gelben Koalition interpretiert und den Schritt für eine Minderheitsregierung mit der Gewährleistung stabiler Verhältnisse in NRW begründet.
"Unwürdig und schäbig"
Der Generalsekretär der NRW-CDU, Andreas Krautscheid, warf SPD und Grünen vor, eine rot-rot-grüne Koalition vorzubereiten, obwohl es Parteibeschlüsse dagegen gebe. "Das ist ein lupenreiner Wahlbetrug", sagte er. Pinkwart als Legitimation dafür heranzuziehen sei "unwürdig und schäbig". In Wahrheit sei Kraft wegen des Drucks aus Berlin umgefallen. "Ferngesteuert aus Berlin, im Parlament abhängig von der Linkspartei - das ist in der Tat eine neue Führungsqualität."
Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann setzt bei der künftigen Minderheitsregierung auf wechselnde Mehrheiten. Sicherlich werde es bei einigen Themen Zustimmung aus Reihen der Linkspartei geben, sagte sie im Deutschlandfunk. Man werbe aber auch um Stimmen von CDU und FDP. SPD und Grünen fehlt eine Stimme zur absoluten Mehrheit.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa