Politik

Schärferer Abgeordneten-Kodex Rot-Grün macht weg frei

Die Verhaltensregeln von Bundestagsabgeordneten bei Nebentätigkeiten und Einkünften können noch vor der Wahl im September verschärft werden. SPD und Grüne setzten sich im Geschäftsordnungsausschuss des Parlaments mit ihrer Mehrheit gegen die Stimmen von Union und FDP durch. Das neue Gesetz soll nun während der Haushaltsberatungen vom 11. bis 13. September verabschiedet werden.

Die Union hatte sich zuvor erneut gegen eine schärfere Offenlegungspflicht ausgesprochen. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte im Deutschlandfunk, sein Nebenverdienst als Rechtsanwalt in einer Kanzlei gehe niemanden etwas an. "Für den gläsernen Abgeordneten plädiere ich nicht. Aber dafür, dass soviel Transparenz wie möglich herrscht, um schon Interessenkollissionen dem Anschein nach zu vermeiden", erklärte Bosbach.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Wilhelm Schmidt, nannte die Aufregung der Union völlig unverständlich. Der Gesetzentwurf der Koalition sei seit langem bekannt. Die Verhaltensregeln würden "moderat" verschärft.

Die SPD hatte auf die Verschärfung als Konsequenz aus den Verwicklungen um den Frankfurter PR-Unternehmer Moritz Hunzinger gedrängt. Künftig sollten die Parlamentarier alle Nebeneinkünfte, Tätigkeiten und Beteiligungen an Kapital- und Personengesellschaften im Bundestagshandbuch offen legen. Bisher musste dies nur intern dem Bundestagspräsidenten angezeigt werden. Die Informationen sollen auch per Internet abrufbar sein.

Özdemir hat Kredit zurückgezahlt

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir teilte mit, er habe seinen Kredit über 80.000 DM (rund 40.000 Euro) bei Hunzinger komplett zurückgezahlt. Die Rückzahlung der im Juli 2002 bestehenden Restschuld sei am Mittwoch von ihm angewiesen worden. Wegen der Kritik an dem niedrigen Zinssatz von 5,5 Prozent, den er für das Darlehen seit 1999 gezahlt hatte, habe er zudem eine Summe von 5.200 Euro an das Rehabilitationszentrum für Folteropfer in der Hauptstadt gespendet.

Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion Rezzo Schlauch sagte, die Angelegenheit sei damit für die Grünen erledigt. Die Fraktion und Özdemir seien gemeinsam der Auffassung, dass die Annahme des Kredits ein Fehler gewesen sei.

Hunzinger vor U-Ausschuss

Die hessische SPD will Hunzinger vor den Untersuchungsausschuss des Wiesbadener Landtags zur CDU-Spendenaffäre zitieren. Dort soll er zu seinen Verbindungen zu Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) Stellung nehmen.

Hunzinger hatte 1998 in seinem Verlag ein Buch Kochs herausgebracht. Der hohe Werbeaufwand erregte bei der SPD den Verdacht der verdeckten Parteienfinanzierung. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hatte dafür jedoch keine Anhaltspunkte gesehen. Die SPD in Hessen will nun wissen, ob Hunzinger für die Werbung eine Gegenleistung erwartete.

SPD-Generalsekretär Franz Müntefering forderte Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) dazu auf, dass Verhältnis der Union zu Hunzinger klarzustellen. Der Unternehmer sei CDU-Mitglied, Freund der CSU, Schatzmeister der CDU-Sozialausschüsse und gleichzeitig "Spezialist für Spekulationsgewinne" und "nah dran am Rüstungslobbyismus", erklärte Müntefering.

Der Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Friedrich Merz (CDU), hat die Diskussion um den Einfluss Hunzingers auf die Politik als absurd und völligen Unfug kritisiert. "Hier wird zur Zeit ein Popanz aufgebaut", sagte Merz im ZDF. "Der Mann hat keine ansteckenden Krankheiten, und er ist kein Schwerkrimineller", erklärte Merz, der bestätigte, mit Hunzinger auf Du und Du zu sein.

Erneut wies Merz einen Bericht des Magazins "Stern" zurück, wonach er 1993 auf Betreiben Hunzingers Kontakte zwischen der Rüstungsindustrie und dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) vermittelt habe.

Tatsächlich habe er 1992 oder 1993 als Europaabgeordneter an einem Gespräch mit Hunzinger und Vertretern des Rüstungsunternehmens Thyssen teilgenommen, sagte Merz. Möglicherweise sei es dabei auch um Rüstungsgeschäfte gegangen. Wenn Unternehmensvorstände etwa von Thyssen aber mit einem Kanzler sprechen wollten, dann gingen sie direkt dorthin und schalteten nicht noch einen jungen Europaabgeordneten dazwischen.

Quelle: ntv.de

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