Politik

Land und Stadt bei S21 unter Druck Bahn zieht die "Sprechklausel"

Die Bahn erhöht bei Stuttgart 21 den Druck auf Baden-Württemberg und Stuttgart. Nach der Kostenexplosion zieht sie jetzt die sogenannte Sprechklausel, um mit Land und Stadt über die Verteilung der Zusatzkosten zu verhandeln. Stadt und Land bleiben gelassen: Sprechen heißt nicht zahlen.

Die Bahn hat nach der Kostenexplosion bei Stuttgart 21 die sogenannte Sprechklausel gezogen, um mit den Projektpartnern über die Verteilung der Zusatzkosten zu verhandeln. Das verlautete aus Kreisen der Projektpartner. Die Bahn beziffert die Zusatzkosten bei dem umstrittenen Bahnhofsprojekt auf 1,1 Milliarden Euro und Risiken auf 1,2 Milliarden Euro.

Gegen S 21 ist der Hauptstadtflughafen BER ein Sandkastenspielzeug.

Gegen S 21 ist der Hauptstadtflughafen BER ein Sandkastenspielzeug.

(Foto: dpa)

Das Instrument "Sprechklausel" war im Finanzierungsvertrag f estgehalten worden für den Fall, dass der bisherige Kostenrahmen von 4,5 Milliarden Euro überschritten wird. Die Mehrkosten von 1,1 Milliarden Euro für den unterirdischen Tiefbahnhof und die Anbindung an die Schnellbahntrasse nach Ulm will die Bahn selbst stemmen. Die Kostenrisiken, etwa durch Kosten aus der S-21-Schlichtung, sollen die Projektpartner Stadt und Land tragen.

Stuttgart 21 ist schon seit Jahren mehr als ein Bahnhofsprojekt. Spätestens seit Volksabstimmung und Schlichtung ist es eine politische Großbaustelle. Vor der Bundestagswahl im September wird sie zudem zum Kampfplatz der Parteien, auf dem die Bundesregierung und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) kaum punkten können: Sowohl ein Stopp als auch die Freigabe des Weiterbaus bedeuten offene Flanken für die Angriffe der Gegner. So gilt gar keine Entscheidung bis Herbst als die wahrscheinlichste Variante, um den Schaden zu begrenzen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lässt sich so einfach nicht treffen: Er bekennt sich zu dem Vorhaben, das per Volksabstimmung gebilligt worden war. Mehr Geld als vereinbart werde das Land jedoch nicht geben, betonte Kretschmann vorab. Zwar gibt es die Sprechklausel zwischen Stadt, Land und Bahn bei Zusatzkosten. Doch sprechen bedeute nicht zahlen, heißt es bei den Grünen. Damit liegt die Entscheidung wieder bei Bund und Bahn in Berlin. Die Gespräche und das "Schwarze-Peter-Spiel" könnte sich hier aber über Monate – vielleicht bis zur Bundestagswahl - hinziehen.

Bundesrechnungshof schaut genauer hin

Zudem will jetzt auch der Bundesrechnungshof die Kostenentwicklung genauer unter die Lupe nehmen. Die Behörde werde sich das umstrittene Bauvorhaben "jetzt verstärkt ansehen", sagte deren Sprecher in Bonn. Unter anderem aufgrund der enormen Kostensteigerung habe das Projekt beim Bundesrechnungshof "nochmals eine gewissen Priorität bekommen", sagte der Sprecher der Behörde. Diese befasste sich seit 2007 kontinuierlich mit "Stuttgart 21". Aufgrund der Entwicklungen der vergangenen Monate habe der Rechnungshof nun aber "mehr Kapazitäten für die Prüfung" vorgesehen.

Geißler stimmt für das Bahnprojekt

Selbst der ehemalige Schlichter, Heiner Geißler, sprach sich für einen Weiterbau des Tiefbahnhofs trotz steigender Kosten aus. Zwei Milliarden Euro seien inzwischen ausgegeben, sagte Geißler im Deutschlandradio. Wenn daraus nichts gemacht werde, sei das Geld weg und man habe "nichts dafür bekommen", warnte Geißler. Das könne nicht sinnvoll sein. Irgendwann werde sich der "gesunde Menschenverstand" durchsetzen, der einem sage, dass nicht einfach so viel Geld zum Fenster rausgeworfen werden könne, sagte Geißler.

Die steigenden Kosten für das Bauprojekt hält Geißler für "ein lösbares Problem". Selbst wenn der Bahnhof drei Milliarden Euro teurer werde, müsse das Geld für ein solches Projekt da sein, sagte Geißler.

Schon vor zwei Jahren habe er vorhergesehen, dass sich die Finanzprognosen nicht bewahrheiten würden, sagte Geißler dem Radiosender. Dafür habe es Anhaltspunkte gegeben. Auch innerhalb der Bahn sei wohl klar gewesen, dass die Finanzierung schwierig werde. Bei solchen Projekten sage einem schon die Erfahrung, dass die Kosten nicht eingehalten werden könnten, so Geißler.

Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa

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