Nahles übernimmt den Wahlkampf SPD schaltet "auf Angriffsmodus"
04.03.2013, 16:36 Uhr
Andrea Nahles (M.) will den Deutschen erklären, weshalb der nächste Kanzler Peer Steinbrück (l.) heißen soll.
(Foto: dpa)
"Wir haben verstanden" hatte der damalige SPD-Chef Schröder 1999 gesagt, nachdem sein Ansehen beim Volke seit der Regierungsübernahme 1998 drastisch gesunken war. Sein Wort könnte heute noch gelten, denn die SPD schaltet ab sofort wieder auf "Angriffsmodus" und will Peer Steinbrück zum nächsten Kanzler machen. Generalsekretärin Nahles schwingt dabei das Zepter.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles soll für ihre Partei den Wahlkampf managen. Nach zahlreichen Pannen von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat die SPD-Spitze die Zuständigkeiten für den Wahlkampf neu geordnet. Demnach übernimmt Nahles die Verantwortung für die gesamte Wahlkampagne. Dafür sollen enge Vertraute Steinbrücks einige ihrer bisherigen Zuständigkeiten verlieren.
Die SPD wolle jetzt konsequent "auf Angriffsmodus umschalten", begründete Nahles die Neuordnung. "Unserer Kräfte müssen gebündelt und auf das klare Ziel ausgerichtet werden, Peer Steinbrück zum nächsten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu machen", teilte Nahles dem Parteivorstand schriftlich mit. Deshalb habe sich die engste Spitze "einvernehmlich" für eine neue Wahlkampfstruktur entscheiden.
Getreue verlieren an Einfluss
Laut dem neuen Organigramm ist der von Steinbrück zum Wahlkampfleiter berufene Heiko Geue künftig nur noch für die Kampagne des Kanzlerkandidaten zuständig. Steinbrücks Pressesprecher Michael Donnermeyer hat lediglich noch die Federführung für die Kommunikation des Kanzlerkandidaten.
Geue und Donnermeyer waren in den letzten Wochen verstärkt in die Kritik geraten. Beiden wurde parteiintern vorgeworfen, mit ihren Aufgaben überfordert zu sein. Zudem stieß in der Partei zunehmend das Kompetenzgerangel und das Durcheinander bei der Wahlkampfvorbereitung im Willy-Brandt-Haus auf Unverständnis.
Derweil werden aus dem Wahlprogramm der Partei erste Details bekannt. Demnach will die SPD im Falle eines Wahlsieges die Kosten für Bankkunden senken. Zum einen wolle die SPD die Bankautomatengebühren "auf maximal zwei Euro deckeln", heißt es. Zudem sollten die Banken zu einem sicheren Online-Banking ohne Mehrkosten verpflichtet werden.
Auch wolle die SPD ihrem Wahlprogramm zufolge "angemessene Dispozinsen" gesetzlich festlegen. Steinbrück hatte bereits im Januar angekündigt, er wolle die Höhe von Dispozinsen für die Überziehung von Bankkonten per Gesetz begrenzen. Die Sozialdemokraten wollen zudem durchsetzen, dass jeder Verbraucher ein Recht auf ein Girokonto bei der von ihm gewählten Bank hat.
Außerdem will die SPD den Zugang zu einem preiswerten Pfändungsschutzkonto erleichtern. Das sogenannte P-Konto, 2010 eingeführt, soll überschuldeten Bankkunden den Lebensunterhalt sichern. Gläubiger können nur mit Pfändungen auf das Konto zugreifen, soweit das Guthaben den jeweiligen Pfändungsfreibetrag übersteigt. Im Rahmen des Freibetrags kann der Kunde frei über das Geld verfügen.
Rund 40.000 Menschen gestalteten mit
Die SPD hatte erstmals die Bürger dazu aufgerufen, das Wahlprogramm mitzugestalten. Auf einem Bürgerkonvent in Berlin wurden am Wochenende elf konkrete Vorschläge verabschiedet, die in das Wahlprogramm einfließen sollen. Steinbrück sprach von einer gelungenen Premiere der Bürgerbeteiligung, bei der 40.000 Menschen über Postkarten mitgemacht hätten.
Zu einem großen Teil finden sich die Bürger-Vorschläge in dem Entwurf für das Regierungsprogramm bereits wieder. Sie reichen von einem "gesetzlich geregelten Mindestlohn" über höhere Steuereinnahmen für Bildung, Nahverkehr und Schuldenabbau bis hin zur Forderung, dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für Bildung zu geben. Das sei "eine Priorität, die hat Sprengstoff", sagte Steinbrück. Das verspreche "eine heftige Debatte mit den Ländern".
Ihr Wahlprogramm stellt die SPD unter den Titel "Deutschland besser und gerechter regieren: Für ein neues soziales Gleichgewicht in unserem Land!" Zentrale Forderungen sind die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro, eine Solidarrente von 850 Euro für Geringverdiener wie auch Steuererhöhungen durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent und die Wiedereinführung einer Vermögensteuer. Die SPD will jedes Jahr nachweisen, dass sie die Mehreinnahmen daraus "für den Abbau der Neuverschuldung und für Investitionen in Bildung und Infrastruktur" genutzt hat.
CDU legt nach
Wie die SPD will nun auch die CDU Bürger-Anregungen in ihr Wahlprogramm einfließen lassen. Unter dem Motto "Was mir am Herzen liegt" können bis Ende April per Internet oder bei Parteiveranstaltungen Vorschläge gemacht werden. Nach Angaben von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wird ein Redaktionsteam die Anregungen auswerten, die sich an acht Leitthemen orientieren sollen - darunter Arbeit, Familie, Verbraucherrechte und digitales Wachstum. Das Wahlprogramm soll am 24. Juni vorgestellt werden
Quelle: ntv.de, dpa/AFP